© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/13 / 19. April 2013

Lockerungsübungen
Vorbild Irland
Karl Heinzen

Die Weltmeere werden nicht allein durch die Schiffahrt verschmutzt. Flüsse und küstennahe Deponien führen ihnen auch große Mengen des Mülls zu, den die Menschen an Land produzieren. Was dagegen, abgesehen von einer Reduzierung der globalen Population auf vorhistorisches Niveau, unternommen werden kann, liegt im dunkeln. Auf jeden Fall lassen sich aber Zeichen setzen.

Ein solches Zeichen wäre etwa ein asketischer Umgang mit Plastiktüten. Statistisch betrachtet verbraucht jeder Bundesbürger jährlich 71 Exemplare dieser Tragehilfe, womit unser Land erfreulich weit unter dem EU-Durchschnitt von 198 liegt. Das irische Beispiel zeigt jedoch, welches Optimierungspotential unerschlossen ist: Hier begnügen sich die Einwohner mit gerade einmal 18 Plastiktüten pro Jahr.

Das Erfolgsgeheimnis der Iren ist nicht eine geringere Konsumfreude oder ein außergewöhnliches Umweltbewußtsein, sondern die Kostenbelastung, mit der Fehlverhalten geahndet wird. Wer im Geschäft nach einer Plastiktüte verlangt, muß dafür von Gesetzes wegen eine Abgabe von mehr als 40 Cent entrichten. Trotz des im Vergleich zum Einkaufswert geringen Betrages war dies abschreckend genug, um ein Umdenken der Bürger zu erzwingen.

Was die Iren geleistet haben, sollten sich die anderen Europäer zum Vorbild nehmen. Diese etwa von der EU-Kommission und den deutschen Grünen erhobene Forderung hat sich nun auch das Umweltbundesamt zu eigen gemacht. Immer noch, so sein Präsident Jochen Flasbarth, würden in Geschäften Plastiktüten kostenlos abgegeben. Dieser Praxis gelte es einen Riegel vorzuschieben.

Für den Handel könnte dies, sofern die Erlöse bei ihm verbleiben dürfen, eine zusätzliche Einnahmequelle bedeuten. Vielleicht ließe sich aber auch ein Anteil für den Fiskus herausschlagen. Zu überlegen wäre sicher, ob nicht für Plastiktüten ein Pfandsystem etabliert werden kann, das Investitionen in logistische Systeme anstoßen würde und damit neue Arbeitsplätze entstehen ließe. Zudem sollte der Frage nachgegangen werden, ob in Zeiten wachsenden Internethandels nicht auch auf Versandverpackungen eine Gebühr erhoben werden kann. Welchen Nutzen die Meere daraus ziehen mögen, wird dabei offenbleiben müssen. Aber es ist immer noch besser, überhaupt etwas als gar nichts zu tun.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen