© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/13 / 19. April 2013

Darüber spricht man nicht
Reportage: Wenn Deutsche Opfer von Ausländergwalt werden, reagieren Behörden und Medien oft merkwürdig / Vier Fälle
Ronald Gläser

Rico G. und seine vier Freunde wollten in einem Laden, den sie nicht kannten, noch schnell „ein Bier zischen“. Also betraten sie in der Samstagnacht das proppenvolle „Bonnies Ranch“ in Dresden-Neustadt. Eine verhängnisvolle Entscheidung. 

Gegen 1.15 Uhr gehen Rico und ein Freund Bier für sich holen – und Prosecco für die Mädchen. Dabei rempelt der Freund versehentlich einen anderen Gast an. Der „Südländer“ – gerüchteweise ein kurdischer Drogendealer und Stammgast – fühlt sich provoziert. Sofort attackiert er den Freund. Rico geht dazwischen. „Wir wollen keinen Streß“, sagt er. Dann geht alles sehr schnell. Der Mann fängt an Rico zu schubsen und sucht den Kampf. Rico drückt ihn gegen die Wand. Da trifft ihn das Bierglas, ein Halber-Liter-Humpen. Auf den Kopf. Dreimal haut der Fremde mit voller Kraft zu, das Glas bricht. Beim dritten Mal geht die Glasscherbe durch Ricos Haut wie durch Butter. „Ich stand noch da und habe gar nicht gemerkt, wie ich naß wurde.“

Das Blut spritzt in einer Fontäne aus seinem Körper. Rico G. zeigt ein Foto von der Wunde, das im Krankenhaus gemacht wurde. Es sieht aus wie aus einem Horrorvideo. Die Freunde schleppen ihn raus. Eine zufällig anwesende Krankenschwester versorgt die Wunde, verhindert weiteren Blutverlust.

Doch noch ist die Situation nicht gerettet. Der Täter kann den Wachleuten entwischen und sieht Rico draußen am Boden liegen. „Ich sehe noch den irren Blick in seinen Augen“, berichtet G. verunsichert. „Der wollte mich für immer kaltmachen.“ Der Täter setzt zum Sprung auf den Kopf von Rico an. Einer seiner Freunde kann ihn im letzten Moment davon abhalten. Die Türsteher, die sich dann um ihn kümmern sollen, lassen ihn fahrlässigerweise laufen. „Sehr unprofessionell“, murmelt Rico G. „Einen Sanikasten hatten die auch nicht.“ Er hat gehört, daß es immer wieder Ärger im „Bonnies Ranch“ gegeben haben soll. Aber die Bitten der Wachleute, Problemgäste öfter abweisen zu dürfen, seien zurückgewiesen worden. Wenn wir Ausländer abweisen, dann gelten wir schnell als Nazi-Lokal, so angeblich die Begründung.

Genau wie in Kirchweyhe wäre diese schwere Körperverletzung fast unter den Teppich gekehrt worden. Durch einen Bericht in der Regionalausgabe der Bild wurde der Fall dann jedoch zum Stadtgespräch. Und ein politisches Ereignis. Denn nun nahmen sich Aktivisten von links- bis rechtsaußen der Sache an. Die NPD organisierte eine Mahnwache vor dem Tanzbetrieb, was wiederum eine linksextreme Gegendemo provozierte. Am Abend kam es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung vor dem Laden. Die Polizei mußte mit 85 Mann anrücken.

Währenddessen lag Rico noch im Krankenhaus. „Ich habe mich nie für Politik interessiert“, sagt er. Diesen Streit versteht er nicht. Noch weniger, daß er nun als Rechtsextremist angeprangert wird. Plötzlich erhält er Haßnachrichten von Fremden bei Facebook.

Um das Feindbild Rico G. deftig abzurunden, hat die linke Szene nämlich begonnen, den Kältetechniker als Rechtsextremisten und NPD-Anhänger anzuprangern. Beweis: Er hat auf der Thor-Steinar-Seite bei Facebook einmal „Gefällt mir“ geklickt. Für die Antifa ist die Sache damit klar.

Erst von einem Ausländer fast getötet, dann von Linksradikalen verhöhnt. Der Fall des Rico G. ist besonders schockierend, aber kein Einzelfall. Ausländerkriminalität ist seit langem ein Reizthema. Eines, über das eher selten offen gesprochen wird. Die Polizeiliche Kriminalstatistik weist 22 Prozent aller Tatverdächtigen als Ausländer aus. Jene Ausländer, die bereits einen deutschen Paß haben, sind darin nicht enthalten. Die jüngsten BKA-Zahlen sind nicht nach Verbrechensarten und ethnischer Herkunft geordnet. Daher ist unbekannt, wie viele dieser brutalen Übergriffe auf das Konto von Zuwanderern gehen. Nach Schätzungen, die in Polizeikreisen kursieren, liegt der Anteil der Ausländer bei Roheitsdelikten bei fünfzig Prozent. Die Welt schrieb kürzlich über die bewußte Nichtveröffentlichung solcher Zahlen für die Statistik: „Doch im Innenministerium scheut man solchen Erkenntniszugewinn. Er gilt als zu heikel.“

Da ist der Fall eines Stuttgarter Universitätsprofessors, von dem die JF erfahren hat. Ein Naturwissenschaftler, der nicht genannt werden will, war in Frankfurt am Main, um sein Bein untersuchen zu lassen. Auf dem Weg zum Arzt traf er auf eine Zigeunerin, die ihn um Geld anbettelte. Er wollte ihr etwas geben. So wie immer. Als er das Geld aus der Tasche zog, fielen vier Männer über ihn her, streckten ihn zu Boden. Sein Kopf schlug aufs Pflaster. Der Kiefer wurde in Mitleidenschaft gezogen. Die Zigeunertruppe warf sein leeres Portemonnaie zu Boden, bevor sie sich davonmachte.

Das Opfer rief die Polizei. Die Beamten kamen schnell, waren aber auch schnell wieder weg. Der Mann will den Fall nicht in der Öffentlichkeit erörtert sehen. Auch weil er sich schämt, so schnell zu Boden gegangen zu sein. Er war NVA-Fallschirmjäger – und nun das.

Aber er ärgert sich über die Reaktion der Polizei. „Die haben mich gefragt, ob ich die Räuber provoziert hätte“, berichtet der Professor. Polizisten, die das Opfer verdächtigen, den Übergriff verursacht zu haben, sind das eine. Das andere sind Richter, die zu milde urteilen, was für Unmut sorgt, Bürger in Internetforen über den „Migrantenbonus vor Gericht“ schimpfen läßt.

Beispielhaft ist der Fall Can Ö. aus Lübeck. Der damals 18jährige hatte gerade seit sechs Tagen seinen Führerschein, als er im September 2012 zu einer Spritztour mit Papas E-Klasse startete. Mit 100 Sachen, wie Zeugen berichten, raste Can über eine Brücke, auf der Tempo 30 gilt. Er verlor die Kontrolle über das Fahrzeug, rammte eine 22 Jahre alte Fahrradfahrerin: Maria H. Sie flog durch die Luft und starb wenig später. Can Ö. flüchtete.

Das Jugendschöffengericht verwarnte den Täter und verurteilte ihn dazu, eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro an die Ronald-McDonald-Stiftung zu zahlen. Außerdem muß er 200 Sozialstunden ableisten und eine Therapie beginnen, um das Erlebte aufzuarbeiten. Oberstaatsanwalt Günter Möller will Revision gegen das Urteil einlegen.

So einen engagierten Staatsanwalt hätte sich Mario K. auch gewünscht. Der 45jährige Publizist aus Linnich wurde vor drei Jahren Opfer eines Überfalls und hat immer noch keine Gerechtigkeit erfahren, findet er. Folgendes hat sich im Juni 2010 abgespielt: K. macht einen Spaziergang, als er von einem „kräftigen Typen mit gebrochenem Deutsch“ bezichtigt wird, er habe dessen Fahrrad stehlen wollen. Der 28 jahre alte Lette Mareks B. prügelt auf K. ein, bricht ihm zwei Rippen. K. geht in die Knie. Der Fremde ruft ihm noch zu: „Wenn ich nicht so einen guten Tag hätte, würde ich dich kaputtschlagen.“

K. rappelt sich wieder auf und schleppt sich nach Hause. Ruft die Polizei. Mit Hilfe der Verdächtigenkartei ist der vorbestrafte Tatverdächtige schnell ausgemacht, zumal die örtliche Polizei ihre „Pappenheimer“ kennt. Ende 2010 der Prozeß wegen Körperverletzung. Der Angeklagte kommt nicht zur Verhandlung. Es ergeht Haftbefehl. Beim nächsten Verhandlungstermin ist er da und spielt den Reumütigen. B. legt ein Geständnis ab und erhält eine sechsmonatige Bewährungsstrafe. K. und der Angeklagte schließen einen Vergleich über das zu zahlende Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro. Bleibt der Täter die Summe zum verabredeten Termin schuldig, so steigt die Schuld sofort auf den doppelten Betrag. Es kommt, wie es kommen muß: B. zahlt nicht und zieht um. K. zeigt B. wegen Betrugs an. Aber die Justiz stellt das Verfahren ein. Inzwischen ist der Täter wieder nach Linnich gezogen, aber die zuständigen Behörden sind desinteressiert an dem Fall. Er sieht sich vom Täter verhöhnt und von der Justiz im Stich gelassen. „Dieser Typ scheint bei der Justiz unter Denkmalschutz zu stehen.“

Rico G. ist da zuversichtlicher, zumindest, was die Ergreifung des Täters angeht. Zwar hat ihn die Polizei noch nicht, aber er glaubt, daß sie ihn kriegen wird. Es gibt Hinweise, über die aus ermittlungstaktischen Gründen nichts geschrieben werden darf. Aber dann? Wird der Täter dann auch angemessen bestraft? „Die kommen oft mit viel zu laschen Strafen davon“, findet er.

Gewaltopfer Rico G.: Unverständnis für die Täter und die linke Szene

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