© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/13 / 19. April 2013

Noch mal nachdenken
Bayern: Die Vorsitzende der Grünen Jugend gerät wegen ihrer Mitgliedschaft in der linksextremistischen Roten Hilfe unter Druck
Felix Krautkrämer

Sina Doughan ist eine engagierte Frau: Sie kämpft gegen Rassismus, Faschismus, Antisemitismus und Nationalismus. Für das Abschalten von Atomkraftwerken und ein bedingungsloses Grundeinkommen. Für eine gleichberechtigtere Gesellschaft, in der kein Unterschied mehr zwischen den Geschlechtern zu spüren ist. Kurz: für eine bessere Welt. Und genau diese glaubt die 25jährige mit den Grünen verwirklichen zu können. Seit 2011 ist sie Vorsitzende der Grünen Jugend. Bei der Bundestagswahl im Herbst kandidiert sie auf Platz 15 der bayerischen Landesliste der Partei. Zudem will sie den Wahlkreis Ansbach gewinnen.

Doch Doughan engagiert sich nicht nur bei den Grünen, sie gehört auch noch einigen anderen Organisationen an, und genau das handelte ihr in der vergangenen Woche politischen Ärger ein. Denn auf der Internetseite der Grünen Jugend bekennt Doughan offen,  sie sei Mitglied der linksextremen „Roten Hilfe“. Die Vereinigung, die laut Verfassungsschutz von „Linksextremisten unterschiedlicher ideologisch-politischer Ausrichtung getragen“ wird, unterstützt linke Personen und Organisationen, wenn diese im „gemeinschaftlichen Kampf“ gegen den Staat mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Hierzu zählen auch inhaftierte terroristische Gewalttäter, insbesondere aus der Roten Armee Fraktion (RAF).

Der innenpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Stephan Mayer, forderte die Grünen daher zum Handeln auf: „Die Parteiführung ist hier gefordert. Die Vorsitzende der Grünen Jugend ist kein unbedeutendes Parteimitglied. Ich erwarte daher von den Parteivorsitzenden, daß sie darauf hinwirken, daß Mitglieder der Grünen, die für ein Parlament kandidieren, nicht Mitglied radikaler Organisationen sind“, sagte Mayer der JUNGEN FREIHEIT

Auch der innenpolitische Sprecher der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Florian Herrmann, griff Doughan scharf an. „Bei allen Demokraten sollten die Alarmglocken klingen, wenn sich Personen um ein öffentliches Amt bewerben, die Mitglied einer Organisation sind, die von linken oder rechten Extremisten getragen wird“, warnte er gegenüber der JF. Daß Doughan in der Roten Hilfe aktiv sei, sei ungeheuerlich. Die Grünen müßten das überdenken. 

Die Rote Hilfe mit ihren etwa 5.600 Anhängern bezeichnet sich selbst als „Solidaritätsorganisation, die politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum unterstützt“. Eine karitative Einrichtung wolle man deswegen aber nicht sein. Unterstützung gibt es nur, wenn sich Angeklagte an die Regeln der Roten Hilfe halten. Und die sind eindeutig: Keine Zusammenarbeit mit Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht. Keine Aussagen oder Geständnisse. Auch wer seine Tat bereut, verspielt damit eine Unterstützung. Einem Linksextremisten, der 2009 in Göttingen einen Burschenschafter mit Pfefferspray verletzte, verweigerte die Rote Hilfe jegliche Unterstützung, weil er sich vor Gericht auf einen Vergleich eingelassen und sich bei seinem Opfer entschuldigt hatte.

Auch deswegen bescheinigte die Bundesregierung der Vereinigung 2010, sie sei keine humanitäre, auf die Resozialisierung von Straftätern ausgerichtete Solidaritätsorganisation, sondern verfolge vielmehr das Ziel, „gewaltbereite ‘Linke’ in ihrem Kampf gegen die bestehende Ordnung zu stützen und zu stärken“.

Empört auf Doughans Rote-Hilfe-Mitgliedschaft reagierte auch die Junge Union. Deren Vorsitzender, Philipp Mißfelder, warnte: „Das Wirkungsfeld der Roten Hilfe ist alles andere als demokratiefördernd, sondern begünstigt Extremisten und verherrlicht ihre Taten. Die Mutterpartei der Grünen Jugend ist demnach gefordert, gegen extremistische Tendenzen in den eigenen Reihen vorzugehen.“ Daß Doughan der Roten Hilfe angehöre, sei mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar. Ähnlich äußerte sich der Generalsekretär der rheinland-pfälzischen CDU, Patrick Schnieder: „Die Grünen müssen von ihrer Jugendorganisation ein klares Bekenntnis zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und eine Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in der ‘Grünen Jugend’ und extremistischen Gruppen wie der ‘Roten Hilfe’ einfordern.“ Mit ihrer Haltung verharmlosten die Grünen linken Extremismus und verhöhnten dessen Opfer.

Doughan wollte sich auf Anfrage dieser Zeitung nicht zu den Vorwürfen äußern. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa bezeichnete sie die Kritik an sich als „Wahlkampf der CSU“. Anders als die frühere Juso-Chefin Franziska Drohsel, die 2007 nach massiver Kritik aus der Roten Hilfe ausgetreten war (JF 50/07), sagte Doughan in einer Stellungnahme auf ihrer Internetseite, sie wolle die linksextreme Organisation weiterhin mit ihrem Beitrag unterstützen, auch wenn sie nicht alle „Protestformen“ der Roten Hilfe teile. Gewalt lehne sie ab, und von den Methoden der RAF distanziere sie sich ausdrücklich.

Bei der Mutterpartei war man damit allerdings nicht zufrieden: Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke gab Doughan via Süddeutscher Zeitung den mahnenden Rat, sie sei sicher, daß die Grüne-Jugend-Chefin „auch mit den kritischen Fragen zu ihrer Mitgliedschaft in der Roten Hilfe verantwortungsvoll umgehen“ werde.

Und auch CSU-Innenexperte Mayer will Doughans halbherzige Distanzierung so nicht gelten lassen. Man könne nicht Mitglied eines Vereins sein und diesen mit seinem Beitrag finanziell unterstützen, sich aber gleichzeitig von bestimmten Anliegen dieser Organisation distanzieren. „Entweder man steht zu einem Verein und seinen Zielen oder eben nicht. Alles andere sind Ausflüchte.“

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