© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/13 / 19. April 2013

Nationales Gedenken
Vergeßt nicht die 48er!
Herbert Ammon

Unlängst, als der um den 18. März verdiente Volker Schröder seine volksrevolutionäre Schar auf dem Berliner „Platz des 18. März“ versammelte, trat als Festredner der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Börnsen auf. Er plädierte erneut für den 18. März als nationalen Gedenktag.Widerspruch kam aus Baden-Württemberg. Der FDP-Mann Hartfrid Wolff (nicht aus Baden, dem Mutterland des Vormärz, des Hecker-Aufstands vom April 1848 und der im Juli 1849 vor Rastatt blutig gescheiterten Reichsverfassungskampagne) monierte, daß es sich beim 18. März nur um ein preußisches Datum handle. Der Süddeutsche Wolff hat historisch recht, politisch weniger. Wer noch (außer im „Dritten Lager“) erinnert in Wien, wo es zuerst großdeutsch losging, oder gar hierzulande gern an den März 1848?

Ich verdanke dem 18. März sehr viel. Ich stieß auf die von Volker Schröder (mit schwarzem Calabreser als Heckerhut) initiierte „Aktion 18. März“ auf dem von „undogmatischen Linken“ veranstalteten „Bahro-Kongreß“ 1978. Auf schwarzrotgold umrandetem Flugblatt eröffnete sich ein Lichtblick über der tristen Mauerlandschaft: „Konservative, Christen, Demokraten, Sozialisten gemeinsam für ein friedliches, vereintes, demokratisches Deutschland!“ Realitätsfern, dazu aus der Maoisten-Ecke, dank Schirmherrschaft von Pastor Albertz und Ingeborg Drewitz und unangreifbarer Unterstützerliste indes frei von Verdacht. 

Über den 18. März schloß ich lebenswichtige Freundschaften. Dank dem 18. März trat ich aus der Rolle des bloßen Beobachters des Politischen heraus, betrat zusammen mit Peter Brandt mittels in die DDR hineinwirkender Publikationen die  friedensbewegte Szene. Dank Gorbi und den Ossis fiel das Bauwerk – womöglich auch eine Frucht auf einem Nebentrieb des 18. März.

Und heute? Die einst mauerfromm sozialisierte Petra Pau „forderte“ als Aktionsrednerin des diesjährigen 18. März, den Begriff des Volkes aus dem Vokabular zu streichen. Womöglich diente ihr als Kronzeuge Bertolt Brecht, der zu NS-Zeiten ironisch meinte, man solle zuweilen mehr von Bevölkerung reden. Die Politrede Paus hat wenig mit „1848“ zu tun, auch nicht mit dem bitteren Patriotismus eines Bert Brecht. Der schlug nach dem fast vergessenen 17. Juni 1953 der Regierung vor, das Volk besser aufzulösen.

 

Herbert Ammon lebt als Historiker und Publizist in Berlin.

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