© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/13 / 05. April 2013

Bundestag plant Diätenerhöhung
Instinktlos
Paul Rosen

Hat man in Berlin keine anderen Sorgen? Beim Euro läuft schwer was schief, die Wirtschaft kommt nicht auf Touren, die Bildung geht den Bach runter, aber die Diäten der Bundestagsabgeordneten sollen möglichst schnell steigen. Einen raschen Beschluß will jedenfalls Bundestagspräsident Norbert Lammert, der dem im Oktober neu zusammentretenden Bundestag bereits ein vorweihnachtliches Geschenk unter den Tannenbaum packen möchte.

Lammert wurde offenbar von seinem sonst guten Instinkt im Stich gelassen. Zum Thema Diäten gehören ein paar Feststellungen: Nie war die Bezahlung der Abgeordneten so gut wie heute. Und nie hatten sie so wenig zu tun wie heute, weil immer mehr Kompetenzen nach Brüssel gehen. Das heißt: Wer für immer weniger Arbeit immer mehr Geld bekommt, darf sich über den Vorwurf der Überbezahlung oder des Privilegienrittertums nicht wundern.

Die jetzt schon unglücklich wirkende Wahlrechtsreform setzt der Diätendebatte das Krönchen auf. Wenn Wahlrechtsexperten recht haben sollten, sitzen im nächsten Bundestag bis zu 700 Abgeordnete statt der heute 620. Dann haben die noch weniger zu tun und liegen aufgrund der größeren Kopfzahl dem Steuerzahler noch mehr auf der Tasche. Daß mit den Diäten auch die Politikverdrossenheit wächst, wundert ebenfalls nicht.

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