© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/13 / 29. März 2013

Nur bewaffnet auf die Straße
Kriminalität: Die Stadt mit der weltweit höchste Mordraten liegt jetzt in Honduras
Richard Stoltz

Osterüberraschung in Ciudad Juárez: Sämtliche Statistik-Ämter haben nun endgültig bestätigt, daß sich die mexikanische Millionenstadt an der Grenze zu den USA (gegenüber El Paso) nicht mehr „Mordhauptstadt der Welt“ nennen darf. Der Titel ist nach San Pedro Sula gegangen, ebenfalls mit Ausläufern eine Millionenstadt, aber in Honduras. Dort gibt es pro 100.000 Einwohner etwa 159 Morde.

Polizei und Bürger von Ciudad Juárez atmen auf. Vielleicht wird das Leben jetzt etwas bequemer, vielleicht kann man sich abends bald wieder auf die Straßen trauen. In der Lokalpresse gibt es Signale der Hoffnung. Die Lehrerin Elsa Hernandez Gonzalez (23) floh vor zwei Jahren aus ihrer Schule, weil dort die Drogendealer die Herrschaft übernommen hätten. Jetzt ist sie zurückgekehrt. „Das Schulsystem in Ciudad Juárez“, sagt sie, „ist ja keine Front im Krieg gegen die Drogen, aber es ist und will sein eine Front gegen den Fatalismus.“

Viele Drogenbosse, Grenzschmuggler und Menschenhändler sehen das freilich anders. Sie empfanden den Titel „Mordhauptstadt der Welt“ als „eindeutig geschäftsfördernd“ und fürchten, daß jetzt Kunden abspringen, weil die Deals nicht mehr sicher genug sind. Schon gibt es illegale Aushänge in der Stadt, auf denen versichert wird, daß „man“ vor der Polizei keine Angst habe und einen „unverändert harten“ Geschäftskurs fahren werde.

Die Leute in San Pedro Sula aber wundern sich, offiziell jedenfalls. Wir haben doch, sagen sie, bisher nur Kaffee, Bananen, Rindfleisch, Rohrzucker, Tabak und Holz produziert und fleißig in den Handel gebracht. Warum ist es denn auf unseren Straßen nicht mehr so sicher wie früher?

Ja, warum wohl? Vielleicht ist der Kaffee in den letzten Jahren ein bißchen zu weiß geworden, und der Zucker merkwürdig untersüß? Immerhin, für geschäftsfördernd hält man den neuen Titel in San Pedro Sula (noch) nicht.

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