© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/13 / 29. März 2013

Parteigründung auf der Überholspur
Bundestagswahl: Der Zuspruch für die Euro-kritische „Alternative für Deutschland“ nimmt Züge einer Volksabstimmung an
Marcus Schmidt

Noch 18, 17, 16 Tage. Auf der Facebook-Seite der Euro-kritischen „Alternative für Deutschland“ (AfD) werden die Tage bis zum Bundesparteitag am 14. April in Berlin heruntergezählt. An diesem Tag könnte schon die Entscheidung über Erfolg oder Scheitern fallen. Auf der Zusammenkunft im Hotel Interconti, die der eigentliche Gründungsakt der erst Ende Februar gegründeten Partei werden soll, müssen die Weichen für den Bundestagswahlkampf gestellt werden. Die Zeit ist knapp.

Der Parteitag wird daher auch ein erster Praxistest für die derzeit rasant wachsende Partei sein. Alle fünf Minuten wird nach deren Angaben ein neues Mitglied aufgenommen – jeden Tag. Mittlerweile sind es bereits mehr als 5.000. Die äußerst aktive Facebook-Seite hat innerhalb weniger Tage beachtliche 10.000 Anhänger gefunden. Gleichzeitig wird die AfD mit Anfragen bombardiert, bis zu 2.000 E-Mails erreichen die ehrenamtlichen Helfer täglich.

Nur wenn es gelingt, aus den Mitgliedern eine schlagkräftige und hochmotivierte Parteibasis zu schmieden, kann das Projekt überhaupt gelingen. Wichtige Voraussetzungen dafür haben Parteichef Bernd Lucke und seine Mitstreiter bereits geschaffen. Bislang verläuft der Aufbau der Partei weitgehend reibungs- und geräuschlos, längst liegt die Tagesordnung für den Parteitag vor, inklusive eingeplanter Mittagspause. Auch die Gründungen der Landesverbände sind zum Teil bereits terminiert.

Die Mitglieder werden in Berlin nicht nur über die Parteiführung, sondern auch und vor allem über das Wahlprogramm zu entscheiden haben. Der vorliegende Beschlußentwurf des Programms ist mit drei Seiten äußerst knapp gehalten und beschränkt sich auf die Punkte Währungspolitik, Europapolitik und Demokratie. An erster Stelle steht dabei natürlich der von der Partei geforderte Austritt aus dem Euro. „Wir fordern eine geordnete Auflösung des Euro-Währungsgebietes. Deutschland braucht den Euro nicht. Anderen Ländern schadet der Euro“, heißt es dazu knapp. Ein Blick auf die Forderungen zur Europapolitik macht deutlich, daß sich die AfD dafür einsetzt, die Mitgliedsstaaten der EU zu stärken und Gesetzgebungskompetenzen wieder den nationalen Parlamenten zu übertragen. „Wir fordern, das Budget-recht den nationalen Parlamenten zu belassen. Eine Transferunion oder gar einen zentralistischen Europastaat lehnen wir entschieden ab“, heißt es. Allerdings hat Parteichef Lucke in den vergangenen Wochen mehrfach klargestellt, daß seine Partei nicht zurück zum Nationalstaat wolle.

Weniger beachtet wurden bislang die Forderungen der AfD zur Stärkung der Demokratie in Deutschland. So sollen Volksabstimmungen und Initiativen nach Schweizer Vorbild eingeführt werden, insbesondere mit Blick auf die Abtretung weiterer Befugnisse an die EU. Weniger eindeutig ist, was sich hinter der Forderung zur Stellung der Parteien verbirgt. „Parteien sollen am politischen System mitwirken, es aber nicht beherrschen“, heißt es in dem Entwurf knapp. Wie dem entgegengewirkt werden könnte, wird nur angedeutet: „Wir fordern mehr direkte Demokratie auch in den Parteien. Das Volk soll den Willen der Parteien bestimmen, nicht umgekehrt.“

Aus dieser Perspektive gesehen macht die AfD derzeit alles richtig. Der Mitgliederansturm der vergangenen Woche hat längst den Charakter einer Volksabstimmung angenommen und dürfte für den Parteitag noch einige Überraschungen bereithalten.

Danach beginnen für die AfD die Mühen der Ebene. Denn Parteichef Lucke und seinen Mitstreitern dürfte klar sein, daß der von ihnen eingeschlagene Weg in den Bundestag noch sehr steinig werden dürfte.

www.alternativefuer.de

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