© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/13 / 08. März 2013

Haltungsnote
Zuviel für sozialdemokratische Ohren
Christian Rudolf

Martin Korol ist kein Berufspolitiker und es daher nicht gewohnt, seine Worte stromlinienförmig zu fräsen. Der 68jährige war Lehrer für Deutsch, Geschichte und Gemeinschaftskunde, hat in seinem Leben viele deutliche Worte gesprochen, viel zu Papier gebracht, darunter eine Doktorarbeit, und nicht darauf achten müssen, ob seine Äußerungen der Parteiräson oder der Presse gefallen. Der Räson der Sozialdemokratischen Partei, der er seit 45 Jahren angehört.

Durch einen Todesfall kam Korol jüngst als Nachrücker in die Bremische Bürgerschaft. „Wir sind stolz darauf, daß wir eine sehr bunte Fraktion haben“, sagte SPD-Fraktionschef Björn Tschöpe. Das war jedoch nicht als Kompliment für Korol gedacht. Denn es zeigte sich, daß der engagierte Pensionär die Welt um ihn herum ohne PC-Scheuklappen wahrnimmt und zu eigenständigen Schlüssen kommt: Auf seiner Netzseite sprach er den Unmut über den ungebremsten Zustrom von Zigeunern aus Südosteuropa frei aus und schrieb, diese lebten „sozial und intellektuell noch im Mittelalter“. Deren Männer hätten keine Hemmungen, „die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken“ – ein unlängst von dem Wiener Sozialpädagogen Norbert Ceipek hundertfach bestätigtes, trauriges Faktum. An anderer Stelle beklagte der verheiratete dreifache Vater den „Massenmord der Abtreibungen“ und den „Wahn der sogenannten Selbstverwirklichung der Frau“.

Zuviel Wirklichkeit für sozialdemokratische Ohren. Der „Rechtsabweichler“ (Frankfurter Rundschau) soll aus Fraktion und Partei ausgeschlossen werden. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob Volksverhetzung vorliege. Korol rechtfertigte sich, er vertrete wohl „eine andere Klientel als ein Großteil meiner Genossen in der Fraktion“ und habe Ansichten, „die unter Umständen nicht zum Mainstream passen“.

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