© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/13 / 08. März 2013

Euro-Kritiker gründen Partei
Bundestagswahl: Die Wahlalternative 2013 überwirft sich mit den Freien Wählern und will im September nun selbst antreten
Henning Hoffgaard

Drei Männer gegen die Alternativlosigkeit. Konrad Adam, Alexander Gauland und Bernd Lucke haben genug. Genug von immer neuen Rettungspaketen, gebrochenen Versprechen und immer neuen Rechtsverletzungen. Aus diesem Grund haben die drei erst den Euro-kritischen Verein „Wahlalternative 2013“ gegründet und planen nun auch eine eigene Partei. „Alternative für Deutschland“ soll sie heißen und sich im April in Berlin konstituieren. Der Schritt kommt für Beobachter der Euro-kritischen Szene nicht überraschend. Bereits Anfang Januar sprachen sich knapp 80 Prozent der etwa 2.700 Sympathisanten und Unterstützer der Wahlalternative für eine eigenständige Partei aus.

Adam, Gauland und Lucke sind keine Anfänger. Sie kennen das politische Berlin und wissen, welches Risiko eine Parteigründung mit sich bringt. Gauland, einst Staatssekretär in Hessen unter Ministerpräsident Walter Wallmann (CDU), kennt das politische Geflecht der Bundesrepublik. Adam, früherer Redakteur bei Frankfurter Allgemeiner Zeitung und Welt, hat jahrzehntelange Erfahrungen im Umgang zwischen Politik und Medienbetrieb. Bernd Lucke ist Professor für Makroökonomie an der Universität Hamburg. Politik, Medien, Wirtschaft. An Kompetenz mangelt es dem Trio also nicht.

„Die Euro-Rettung einigt Europa nicht, sie spaltet“, sagt Gauland der JUNGEN FREIHEIT. Zwar gäbe es in Union und FDP zahlreiche Kritiker des Euro-Kurses der Kanzlerin, dennoch fänden diese in den Parteispitzen kaum noch Gehör. „Dinge, die früher als normal galten, werden heute als bekloppt und reaktionär bezeichnet.“ Über den künftigen Kurs, gerade der CDU, gibt er sich keiner Illusion mehr hin: „Eine Erneuerung der CDU im wertkonservativen Sinne wird es nicht geben.“ Ein Seitenhieb auf den konservativen Berliner Kreis innerhalb von CDU und CSU. Adam schlägt in dieselbe Kerbe. „Alternativlose Politik ist schlechte Politik.“

Auch für Lucke führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei: Die Rettungspolitik schadet Deutschland. „Wir sehen Rekordarbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosenquoten von über 50 Prozent. Wir sehen, daß Deutschland und andere noch solide Staaten so viele Milliardenhilfen bewilligen, daß jeder normale Bürger völlig die Übersicht verliert. Wir sehen, daß die großen Finanzinstitute die Risiken in ihren Bilanzen zu Lasten der Steuerzahler entsorgen. Und da fragen Sie mich, wie ich diese Politik bewerte?“

Doch hinter der angekündigten Parteigründung steckt mehr, als es auf den ersten Blick vermuten läßt. Es geht auch um die Freien Wähler. Die haben unter Parteichef Hubert Aiwanger einen innerparteilich alles andere als unumstrittenen, Kurs gegen die Euro-Rettung gefahren. Auch um bundespolitisch an Profil zu gewinnen. Ursprünglich wollte die Wahlalternative die Freien Wähler personell und finanziell unterstützen, wenn diese im Gegenzug ihre Listen für die Bundestagswahl für Mitglieder der Wahlalternative öffnen. Die Verhandlungen dazu zogen sich lange hin und sind nun spektakulär gescheitert. „Die Freien Wähler haben sich immer als Graswurzelbewegung verstanden“, sagt Adam. Dagegen sei grundsätzlich nichts einzuwenden. „Regional sind sie allerdings nicht zugänglich für Europa- und Bundesthemen.“ Hinzu komme, daß der Bundesverband im Vergleich zu den Ländergruppen relativ schwach sei. Gauland sieht das ähnlich. Er hat die Freien Wähler lange beobachtet: „Es gibt keine tragfähigen Strukturen.“ Die Basis denke in weiten Teilen ganz anders als die Parteispitze um Aiwanger.

Die Umfrage der Wahlalternative zur Parteigründung fand nicht ohne Zufall bereits vor der Niedersachsenwahl statt. Ein Warnschuß. Es sollte der letzte bleiben. Das Ergebnis für die Freien Wähler: 1,1 Prozent. Alle hatten sich mehr erhofft. Auf JF-Nachfrage wollten sich die Freien Wähler nicht zu der Kritik äußern.

Nun also eine neue Partei, für die bereits jetzt prominente Namen wie Hans-Olaf Henkel oder Wilhelm Hankel kursieren. Auf Anfrage wollten diese sich noch nicht zur angedachten Partei äußern. Programm und Vorstand sollen erst auf dem Gründungsparteitag beschlossen werden.

Schon jetzt ist klar, die Euro-Rettung soll zwar eine zentrale Rolle einnehmen, eine Ein-Themen-Partei werde es allerdings nicht geben. „Auf Dauer hätte die auch keine Chance“, ist sich Gauland sicher. Inhaltlich strebt die Wahlalternative bereits jetzt eine Rückbesinnung auf die Maastrichter-Verträge und eine Verlagerung von bisherigen EU-Kompetenzen zurück zu den Nationalstaaten an. Mit diesen Forderungen macht man sich nicht nur Freunde. Von „nationalistischen Fanatikern“ spricht etwa der Wissenschaftliche Direktor des Wirtschaftsinstituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Gustav A. Horn.

Dabei ist noch völlig unklar, ob die Formation überhaupt zur Bundestagswahl antreten kann, muß sie doch zunächst vom Bundeswahlleiter zugelassen werden. Zudem müssen innerhalb weniger Wochen Kandidaten gefunden und aufgestellt sowie Tausende Unterstützungsunterschriften gesammelt werden. Aber selbst wenn es im September nicht klappen sollte: 2014 steht die Europa-Wahl an. Und dann wird der Euro immer noch ein Thema sein – mit Sicherheit.

www.alternativefuer.de

Foto: Die Wahlalternative 2013 hat die Bundestagswahl fest im Blick: „Keine Ein-Themen-Partei“

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