© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/13 / 01. März 2013

Aufgeschnappt
Sozial korrekter Sprachpranger
Christian Rudolf

Sprache ist nicht neutral, Sprache bewertet. Vor diesem Hintergrund sollten wir alle Sprache so nutzen, daß sie keine Klischees (re)produziert“, doziert Thomas Beyer, Sprecher der „nak“. Hinter der modisch klein geschriebenen Abkürzung verbirgt sich die Nationale Armutskonferenz, ein Lobbyverbund aus Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege. In deren Selbstbeschreibung heißt es: „Wir von der nak wollen bedürftigen Menschen Gehör verschaffen“ – aber natürlich nur mit den richtigen Begriffen, die nicht „irreführend“ oder „abwertend“ sein dürfen und etwa „Menschen in ihrer Lebenssituation falsch beschreiben“.

nak-Mitglieder haben dem unsensiblen Volk aufs Maul geschaut und eine „Liste der sozialen Unwörter“ zusammengetragen. „Sozial Schwache“ steht ganz oben auf der „Geht gar nicht“-Skala: Von der „Teilhabe“ ausgeschlossen zu sein, besage schließlich nicht, ob ein Mensch „sozial veranlagt“ ist oder nicht. „Alleinerziehend“ darf man auch nicht sagen, denn mit dem Begriff sei häufig „mangelnde soziale Einbettung“ assoziiert. Und Einbettung klingt irgendwie nach Hängematte; womit man bei „Sozialschmarotzer“, „Vollkaskomentalität“ und „Wirtschaftsflüchtling“ ist. Die stehen auch alle am sozial-korrekten Sprachpranger nach Art der nak-Kommissare. Und „Behindertentransport“ – o Graus! Menschen werden „befördert“. Danke für die Belehrung!

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