© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/13 / 01. März 2013

Dieter Zetsche ist nur noch Daimler-Chef auf Abruf
Meister der Versprechungen
Markus Brandstetter

Staatsoberhäupter, Könige, Diktatoren, Gangster und Millionäre fahren in vielen Filmen zwischen 1950 und 2000 Mercedes. Und so wurden Marke und Produkt damals auch wahrgenommen: als das Premiumprodukt schlechthin. Damit ist es längst vorbei. Unter den zehn meistverkauften Autos in Deutschland ist Daimler nur noch mit der C-Klasse vertreten. Die Umsätze stagnieren, die Gewinne schrumpfen. Der neue Lieferwagen Citan erntete Hohn und Spott, da er nur ein aufgemotzter Renault Kangoo ist. Mit der neuen A-Klasse werden Senioren, früher die besten Kunden, systematisch vergrault. Im Luxussegment fährt der Stern BMW, Audi und inzwischen sogar VW seit Jahren hinterher.

Wen wundert es also, daß der Vertrag von Dieter Zetsche, Daimlers Vorstandschef, nur um drei und nicht um fünf Jahre verlängert wurde? Zetsche ist der Meister der lauten Ansagen und der großen Versprechen. Serienproduktion von Autos mit Brennstoffzellen, Elektroautos und der baldige Aufschluß zum Weltmarktführer Toyota – alles wurde von Zetsche jeweils mit viel Tamtam verkündet, eingetroffen ist nichts. Aufsichtsrat, Markt und Aktionäre glauben dem „Meister der Ankündigungen“ (Wirtschaftswoche) nicht mehr. Die Aktie darbt seit Jahren und liegt deutlich unter der Entwicklung des deutschen Aktienindex Dax.

Natürlich ist Zetsche an der Misere nicht alleine schuld. Edzard Reuter, sein Vorvorgänger, wollte just, als der Kalte Krieg zu Ende ging, aus Daimler einen Luft- und Raumfahrtkonzern mit dem Schwerpunkt Rüstung schmieden und hat das Unternehmen darüber finanziell ausgeblutet. Jürgen Schrempp hat die sündteure Fusion mit Chrysler verbockt und dabei übersehen, daß die einstige Nobelmarke währenddessen von BMW und Audi rechts überholt wurde. Wenn Zetsche sich nun mit einer luxemburgischen Schauspielerin in der Öffentlichkeit zeigt, deren früher Film- und Fernsehruhm längst verblaßt ist, dann sagt das einiges.

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