© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/13 / 01. März 2013

Italien hat gewählt
Totgesagte leben länger
Paola Bernardi

Es war eine Wahl des Protestes und der Wut in Italien. Die jetzt aus den Urnen hervorgegangene Konstellation ist von einem nie dagewesenen Tri-Polarismus geprägt. Es gibt praktisch drei Wahlblöcke – linke Mitte, rechte Mitte und die Anti-System-Bewegung des Komikers Beppe Grillo –, die alle auf gleicher Augenhöhe liegen.Eine regierungsfähige Koalition könnte nur aus dem Zusammengehen zweier dieser drei Blöcke entstehen. Das scheint jedoch höchst unwahrscheinlich angesichts der gravierenden Differenzen und des erbitterten Wahlkampfes. Totgesagte leben länger: Der von italienischen und ausländischen Medien angeprangerte Silvio Berlusconi hat sich bis zuletzt verbissen geschlagen.

Bezeichnend ist auch die schwere Niederlage Mario Montis. Der amtierende Ministerpräsident, der in Brüssel und in Berlin als „Retter der Nation“ und unerläßliche Stütze der Währungsunion gilt, hat in erster Linie mit seiner unausgewogenen und rezessionsfördernden Spar- und Steuerpolitik dieses ruinöse Wahlergebnis selber verursacht. Die Wut der Wähler hat ihn und sein Bündnis der Mitte exemplarisch bestraft. Angeschlagen ist insgesamt das Image und das Prestige der EU. Die Äußerungen namhafter deutscher Politiker – von Schäuble bis Schulz – wurden in Italien überwiegend als plumpe Einmischung verstanden. Eine Unvorsichtigkeit, die sich jetzt als Bumerang erweist.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen