© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/13 / 22. Februar 2013

Umwelt
Nietzsches Buletten
Volker Kempf

Sollte ein Lehrer nach einem Beispiel suchen, um Nietzsches „Wiederkehr des Immergleichen“ zu erläutern, ihm könnten die nimmer enden wollenden Fleischskandale in den Sinn kommen. Falsch deklariertes Fleisch, um das es beim aktuellen Pferdefleischskandal geht, beschäftigte die Staatsanwaltschaft schon vor 30 Jahren. Damals erwies sich bei einer Überprüfung angebliches Rind- als Känguruhfleisch. Salmonellenbefall kam noch hinzu. Also ein Etiketten- und Gammelfleischskandal in einem. Sieben Großhändler waren betroffen, war damals den Medien zu entnehmen. Ein Händler hatte sogar Reste von Gummihandschuhen, Plastikbeuteln und Schürzenbändern sowie Metallteile in dem zum Verkauf stehenden Fleisch. Das macht deutlich, daß jeder Fall auch ein Einzelfall ist, der sich von einem anderen unterscheidet, wenn meist auch nur in Nuancen. Nun also ist als Rind deklariertes Pferdefleisch in mehreren EU-Staaten aufgetaucht, das wahrscheinlich aus Rumänien stammt.

Durch strengere Verkehrsregeln für Pferdewagen gibt es in dem EU-Land zu viele Pferde, ihr Fleisch ist nicht nur dort spottbillig. Auch andernorts könnten altersschwache oder gedopte Rösser verarbeitet und falsch deklariert worden sein. Rufe nach besseren Kontrollen blieben nicht aus. Das ist seit drei Jahrzehnten in solchen Fällen immer so gewesen. Ein sicheres Zeichen dafür, daß es sich um viel Schall und Rauch handelt. Nutznießerin war meist die Werbebranche, die vertrauensbildende Maßnahmen für die Fleischwirtschaft durchführen durfte. Es nützte aber nicht viel. Denn der Parole „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“ und anderem zum Trotz blieb der Fleischkonsum pro Kopf in Deutschland seit Mitte der achtziger Jahre rückläufig. Die Gründe mögen vielschichtig sein, doch manch ein Skandal kann einem den Appetit auf Fleisch verderben. Das gilt um so mehr, als einem klar sein muß, was die „Wiederkehr des immer Gleichen“ heißt: Nach dem Skandal ist vor dem Skandal.

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