© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/13 / 08. Februar 2013

Wundersame Vermehrung der Türken
Einwanderung: Der aktuelle Migrationsbericht der Bundesregierung fördert überraschende Ergebnisse zutage
Christian Schreiber

Der neue Migrationsbericht der Bundesregierung hat ein Problem zutage gebracht, welches bislang von der Politik gerne verschwiegen wurde. Die Zahl der illegalen Einwanderer ist drastisch angestiegen. „Nachdem im Jahr 2010 ein leichter Rückgang der Anzahl der Feststellungen von unerlaubt eingereisten Ausländern an den Grenzen verzeichnet wurde, erhöhte sich der Wert im Jahr 2011 wieder um 18,6 Prozent“, heißt es in dem Bericht für das Jahr 2011.

Die jährlich auf Veranlassung des Bundestages erstellte Datensammlung über Migration soll der Öffentlichkeit als Informationsquelle und der Politik und Verwaltung als Grundlage für ihre Entscheidungsfindung in der Ausländerpolitik dienen. Daß die Zahlen stets mit einjähriger Verzögerung ans Tageslicht kommen, hängt mit einem langwierigen Auswertungsverfahren zusammen. Im Berichtszeitraum 2011 setzte sich der Trend der Auswanderung fort; daß es dennoch zu einem geringfügigen Anstieg der Gesamtbevölkerung kam, hängt mit der Zuwanderung zusammen.

Innerhalb der Europäischen Union ist Deutschland das beliebteste Einwanderungsland, gefolgt von Großbritannien. Während 680.000 Personen Deutschland verließen, kamen 2011 958.000 Menschen neu ins Land. Dies waren 20 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Mehr als 62 Prozent der Einwanderer kamen aus der EU, etwa 12,2 Prozent davon waren zurückkehrende Deutsche. Die mit Abstand meisten Einwanderer kamen aus Polen, Rumänien und Bulgarien. Deutlich zugenommen hat auch die Einwanderung aus den südeuropäischen „Krisenstaaten“.

Für Erstaunen sorgte in Fachkreisen die Erkenntnis, daß die Zahl der in Deutschland lebenden Türken von einem Jahr auf das andere um fast 500.000 angestiegen ist. Danach lebten im Jahr 2010 rund 2,48 Millionen Türkischstämmige in Deutschland; im Migrationsbericht 2011 hingegen sind es 2,95 Millionen. Hintergrund dieses Anstiegs ist nach Angaben des Statistischen Bundesamts eine neue Methode der Erfassung. „Es handelt sich hierbei um 471.000 Kinder, die in Deutschland als Deutsche auf die Welt gekommen sind“, heißt es. Bislang waren Kinder in der Statistik dann nicht aufgeführt, wenn beide Eltern einen Migrationshintergrund hatten. Sie wurden lediglich in der Gruppe „Menschen mit Migrationshintergrund ohne Angabe zum Herkunftsland“ erfaßt.

Bei der Gruppe von Einwanderern, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, liegen ebenfalls die Türken mit etwa 1,6 Millionen Personen weit vorne. Etwa gleich viele Personen haben die Staatsangehörigkeit eines der südwest- und mitteleuropäischen EU-Staaten, darunter ist die Gruppe der Italiener mit etwas über einer halben Millionen Personen am größten. Die Zahl der Staatsangehörigen aus den osteuropäischen EU-Staaten hat sich seit dem Vorjahr auf 951.000 Personen erhöht. 2010 war es noch 820.000 Personen.

Flüchtlinge aus Afghanistan nun dem Iran

Einen Anstieg gab es erneut bei den sogenannten Erstanträgen auf Asyl zu verzeichnen. Von 1993 bis 2007 ließ sich ein fast kontinuierliches Absinken feststellen. Seit dem Jahr 2008 steigt die Zahl der Asylbewerber dagegen wieder deutlich an. Im Jahr 2011 ist die Zahl der Erstanträge mit 45.741 Personen gegenüber dem Vorjahr um 10,7 Prozent angestiegen (2010: 41.332 Asylerstanträge), nachdem bereits von 2009 auf 2010 ein Anstieg um fast 50 Prozent zu verzeichnen war. Die meisten Antragsteller kamen aus Afghanistan und dem Iran. Aus dem europäischen Raum bemühten sich verstärkt Serben um einen Anerkennung als politisch Verfolgte.

Seit Jahren schon im Trend ist die Erkenntnis, daß die Einwanderer im Vergleich zur deutschen Bevölkerung wesentlich jünger sind. Im Berichtszeitraum waren drei Viertel der Zugezogenen unter 40 Jahren, in der Gesamtbevölkerung lag dieser Anteil dagegen bei nur 42,3 Prozent. Diese veröffentlichten Erkenntnisse lassen insgesamt den Schluß zu, daß sich die Einwanderung auch in den kommenden Jahren verstärkt fortsetzen und die Anzahl der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund weiter ansteigen wird.

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