© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/13 / 08. Februar 2013

Brüsseler Spitzel
Die Europäische Union rüstet sich zum Kampf gegen „Populisten“ und Europa-Skeptiker
Michael Paulwitz

Eins muß man den EU-Gewaltigen lassen – sie tun derzeit wirklich alles, damit ihr Geschöpf seinem geläufigen Spottnamen „EUdSSR“ alle Ehre macht. Nachdem die Euro-Dauerretterei dem feuchten Traum von der schleichenden Abschaffung souveräner europäischer Nationalstaaten mit baldiger Erfüllung winkt, plant Brüssel schon den nächsten Schritt: Eine EU-Stasi soll Zweifler und Dissidenten, die sich vom unfehlbaren Politbüro nicht ins irdische Paradies des Superstaats führen lassen wollen, einschüchtern und politisch neutralisieren.

Darauf jedenfalls zielt das Vorhaben der Innenkommissarin Cecilia Malmström, den bisher den Einzelstaaten überlassenen „Kampf gegen Rechts“ künftig auf europäischer Ebene zu betreiben (siehe Seite 9). Zwar steht offiziell die Bekämpfung von allerlei „gewaltbereitem Extremismus“ auf dem Etikett, aber als gelernte Politologin weiß die Kommissarin gut genug, daß die linke Diskurshegemonie die mediale öffentliche Wahrnehmung hinreichend konditioniert hat, um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Es geht mal wieder „gegen rechts“ – gegen „Rechtspopulisten“ nämlich, wie Frau Malmström präzisiert. Die säßen in der „Mitte der Gesellschaft“ und würden den Gewalttätern erst die Stichworte geben.

Das Argumentationsmuster kennt man zur Genüge aus dem nationalstaatlichen „Kampf gegen Rechts“, wie er besonders gründlich in Deutschland praktiziert wird und folgerichtig der EU-Kommissarin auch als Vorbild dient – ebenso wie die Methoden: Während staatlicherseits floskelhaft Neutralität gilt, wird die Schmutzarbeit bei der Unterdrückung mißliebiger Meinungen an „Nichtregierungsorganisationen“ delegiert, die gern auch mal linksextremistisch sein und wie private Schläger-Hilfstruppen agieren dürfen und dafür auch noch mehr oder weniger offen mit staatlichen Subsidien ausgestattet werden. Und weil ein meinungslenkendes Spitzel- und Stasisystem dann am besten funktioniert, wenn möglichst viele mitmachen, sucht man gesellschaftlichen Gleichschritt mit Schulen und Behörden und fordert die „Anständigen“, die bloß nicht in den Verdacht einer falschen Gesinnung kommen wollen, dazu auf, verdächtige Umtriebe und Personen umgehend bei eigens geschaffenen Anlaufstellen zu melden – auch daran hat Frau Malmström gedacht.

In Deutschland wird dies gerne als Ablenkungsmanöver inszeniert: Wenn man die Öffentlichkeit nur immer schön in Dauerhysterie hält und ihr einredet, daß unter jedem Stein ein sprungbereiter „Nazi“ sitzt, kann man Grundsatzdebatten elegant vermeiden und weitgehend unbehelligt neue Fakten schaffen. Wen kümmert schon die Abschaffung des demokratischen Nationalstaats, die Entmündigung seines Parlaments und die Verpfändung von Phantastillionen noch einzutreibender Steuergelder für die Banken- und Euro-„Rettung“, wenn der von niemandem vorher bemerkte „rechte Terror“ sein Haupt erhebt und eine furchterregende Null-Komma-Prozent-Partei immer noch nicht verboten worden ist? Klingt absurd, funktioniert aber – da ist es nur naheliegend, daß auch die EU-Nomenklatura sich diesem politischen Geschäftszweig endlich mit ganzer Inbrunst zuwendet.

Daß strammlinke Ideologen sich im unkontrollierten Ämter-, Instituts- und Kommissionendschungel der Eurokratie ihre Spielwiesen und Seilschaften schaffen, über die sie ihre jeweiligen Steckenpferde im Politikbetrieb verankern, ist dabei für sich gesehen noch nichts Neues. Man denke nur an die steile Karriere des „Gender Mainstreaming“ von der skurrilen feministischen Orchideendisziplin zur europaweiten Richtschnur politischen Handelns. Für Frau Malmströms anti-„extremistische“ Euro-Stasi haben zahllose „Antirassismus“-Richtlinien und Aktionsprogramme den Boden bereitet; und natürlich eine von ihr selbst vor zwei Jahren installierte neue EU-Behörde, das „Radikalisierungs-Aufmerksamkeits-Netzwerk“ (RAN).

Eine neue Qualität ist allerdings, daß diese Geschütze jetzt in Stellung gebracht werden, um sich unmittelbar in die demokratische Willensbildung der Mitgliedstaaten einzumischen. Frau Malmströms direkter Bezug auf die Europawahl 2014 ist unmißverständlich – es geht nicht um die als Feigenblatt miterwähnten „Islamisten“, sondern darum, EU-Skeptiker als „Nationalisten“, „Ausländerfeinde“ und Terror-Wegbereiter zu denunzieren. Das Hosenschlottern muß gewaltig sein in Brüssel, wenn man zu solchen Mitteln greift; wenn man sich zeitgleich auch bei der Medienmanipulation nicht mehr auf die bewährten Methoden verläßt – willfährige Journalisten mit Privilegien päppeln, kritische vom Informationsfluß abschneiden –, sondern Medien-Sowjets einrichten will, die im schönsten Orwell-Sprech Pressefreiheit durch Medienkontrolle sicherstellen sollen. Und wenn man nicht einmal vor lächerlichem Aktionismus zurückschreckt wie einem millionenschweren Propaganda-Paket des Europaparlaments, das unter anderem hochbezahlte Beamte in die Lage versetzen soll, in den sozialen Netzwerken als „Twitter-Trolle“ gegen EU-Kritiker zu Felde zu ziehen.

Daß Protestbewegungen auch deshalb Zulauf haben, weil immer mehr Europäer von solchem Unfug abgestoßen werden und nichts mehr vom „europäischen Projekt“ der Kommissare und Regierungschefs hören wollen, oder weil sie die Nase voll haben von Parlamenten, die nichts zu sagen haben, und von Politikern, die sich einer übernationalen Nomenklatura stärker verbunden fühlen als dem eigenen Volk – das kommt den Schulzens und Malmströms nicht in den Sinn. Honecker und Breschnew wären auf so einen Gedanken übrigens auch nicht gekommen. Das immerhin ist eine ermutigende Parallele zwischen EU und UdSSR: Je plumper die Propaganda-Manipulation, desto brüchiger das Gebilde, das sie stützt. Nichts, was derart dreist auf Lügen errichtet ist, hält ewig.

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