© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/13 / 01. Februar 2013

Der Islam und die Renaissance: Eine Art Seelenverwandtschaft
Moslemische Verdienste um Europa
(wm)

Die Wiedergeburt der Antike in der italienischen Kunst und Kultur der Frühen Neuzeit gilt bis heute wie selbstverständlich als genuin abendländische Schöpfung. Araber haben daran nur als Vermittler antiker Texte Anteil. Der Bauforscher Felix Arnold, der seit 2006 mit spanischen Kollegen Überreste islamischer Architektur auf der Iberischen Halbinsel untersucht, will moslemische Verdienste um die europäische Kultur jedoch höher ansetzen. Hätten doch die Gärten des Kalifats al-Andalus, dem seit 711 besetzten Süden Spaniens, „vermutlich wichtige Impulse“ für Renaissancegärten des 15. Jahrhunderts gegeben (Spektrum der Wissenschaft, 1/2013). Um den Wissenstransfer trotz des zeitlichen und räumlichen Abstands zwischen den Kulturkreisen plausibel zu machen, operiert Arnold mit „Zwischenstationen“, sieht aber als ausschlaggebend für die Rezeption „eine Art Seelenverwandtschaft“ zwischen Orient und Abendland an. In den islamischen Gärten habe sich das neue, das Individuum aus religiösen Zwängen befreiende Menschenbild bereits angekündigt. Zu einer Renaissance führte es indes nicht im Islam, sondern im christlichen Italien. Der Islam sei dafür „noch nicht reif“ gewesen, zumal sich um 1000 n. Chr. die „ethnischen Konflikte“ in Südspanien in einem Bürgerkrieg entluden, der Fundamentalismus erstarkte und die Neuerer als „unislamisch“ ins Abseits gerieten.

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