© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/13 / 25. Januar 2013

Lockerungsübungen
Falsche Freunde
Karl Heinzen

Michael Schlecht, der „Chefvolkswirt“ der linken Bundestagsfraktion, ist enttäuscht vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Auf dessen jüngster Vorstandsklausur fand zwar ein Gedankenaustausch mit Repräsentanten von CDU, SPD und Grünen statt. Ausgerechnet an die Linke, die sich ihrer Gewerkschaftsnähe so sehr brüstet, war jedoch keine Einladung ergangen.

Über die Gründe für diese Ausgrenzung kann nur spekuliert werden. Auf der Hand liegt, daß der DGB-Bundesvorstand nicht nur auf die fachliche Kompetenz, sondern auch die Prominenz seiner Gesprächspartner achten muß. Hier hatten die anderen Parteien mit Angela Merkel, Peer Steinbrück und Winfried Kretschmann Hausnummern aufgefahren, denen die Linke niemanden entgegensetzen kann, der annähernd ebenbürtig wäre. Ihre Parteispitze kennen nur wenige Bürger, und die Talkshow-Tingler von Gysi bis Wagenknecht wirken verschlissen und dürften alsbald nur noch im Dschungelcamp zu gebrauchen sein.

Bekannt ist zudem, daß der DGB-Vorsitzende Michael Sommer keine allzu hohe Meinung von der Linken hat. Mit ihrer Programmatik, so kritisierte er sie vor wenigen Monaten öffentlich, sei sie nicht regierungsfähig. Regierungsfähigkeit muß der DGB aber von seinen Ansprechpartnern in der Politik erwarten dürfen. Ihm nützen keine Schwadroneure, die seine Forderungen nachplappern oder sie sogar zu überbieten versuchen, in der Praxis aber nichts bewegen können, weil sie nie über ihre Oppositionsrolle hinauswachsen.

Die Aufgabe der Gewerkschaften ist es nicht, den Arbeitnehmern Flausen in den Kopf zu setzen, sondern Erleichterungen für sie zu erzielen. Dazu müssen sie Mehrheiten hinter sich bringen, und dies gelingt ihnen nur, wenn sie nicht auf marginalisierte Außenseiter setzen. Für die Gewerkschaften ist es daher eine Zumutung, die Linke an ihrer Seite zu wissen. Wahrscheinlich hätten sie zahlreiche ihrer Anliegen längst durchsetzen können, wären diese nicht durch Unterstützung von der falschen Seite desavouiert worden. Vor allem aber müßte der DGB bemerken, daß die Linke es gar nicht aufrichtig mit ihm meinen kann. Wer letztlich das bestehende Wirtschaftssystem überwinden möchte, dürfte für jene, die sich in seinem Rahmen um Verbesserungen im Kleinen abmühen, doch nur ein Schmunzeln übrig haben.