© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/13 / 25. Januar 2013

In der Geburtenfalle
Demographie: Der Familienreport der Bundesregierung zeigt, daß Ehepaare mit Kinder immer noch als Ideal gelten
Christian Schreiber

Der in der vergangenen Woche von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) vorgestellte Familienreport läßt auf den ersten Blick nichts Gutes erahnen. 2011 wurden in Deutschland 662.685 Geburten registriert. Das sind 15.000 weniger als ein Jahr zuvor. Damit ist die Geburtenrate weiter rückläufig. Sie liegt jetzt bei 1,36, vor 20 Jahren lag sie noch über 1,4. Die Ziffer besagt, wie viele Kinder Frauen zwischen 15 und 45 Jahren im Durchschnitt bekommen.

Doch es gibt auch Erkenntnisse in dem Bericht, die Hoffnung machen. Eine bisher besorgniserregende Entwicklung war die Tatsache, daß gerade Akademikerinnen immer weniger Nachwuchs bekamen. Doch diese Tendenz scheint sich jetzt umzukehren: Frauen mit Universitätsabschlüssen bekommen wieder mehr Kinder. „Immer häufiger holen Frauen aufgeschobene Kinderwünsche im Alter von über 30 Jahren nach“, sagte Schröder.

Als wichtigstes Argument für die zunehmende Kinderlosigkeit sahen die Forscher des mit dem jährlichen Familienreport beauftragten Max-Planck-Instituts Probleme bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Doch gerade junge Paare scheinen dies wieder optimistischer zu sehen. Denn: Junge Frauen und Männer wünschen sich laut Report mindestens zwei Kinder. Nur jeder vierte sieht Kinder noch als Hindernis für die eigene berufliche Entwicklung. Allerdings könnte sich die demographische Entwicklung weiter verschärfen. Denn es gibt immer weniger Frauen im gebärfähigen Alter. Ihre Zahl hat innerhalb der letzten zehn Jahre um 1,4 Millionen abgenommen und liegt jetzt bei 18,2 Millionen. Selbst wenn diese in Zukunft wieder mehr Kinder bekommen sollten, wird die Zahl der Geburten insgesamt aber dennoch weiter abnehmen.

Weiter rückläufig ist auch die Zahl der Eheschließungen. Dennoch wehrte sich die Ministerin dagegen, die Deutschen per se als Ehemuffel zu bezeichnen. „Die Deutschen sind nicht im Scheidungsfieber“, sagte Schröder. Die Zahl der Scheidungen stagnierte im vergangenen Jahr, in dem elf von tausend Ehen aufgelöst wurden. Interessant: Das Scheidungsrisiko ist, wie es die Redewendung vom „verflixten siebten Jahr“ besagt, in dieser Zeit tatsächlich am höchsten. Anschließend sinkt die Wahrscheinlichkeit rasant. Von tausend Ehen, die bereits sieben Jahre dauern, wurden 27 geschieden. Nach 28 Ehejahren fällt das Scheidungsrisiko unter fünf Promille. Die durchschnittliche Ehedauer nimmt sogar zu. Sie lag vor zehn Jahren bei 12,9 Jahren, 2011 bei 14,5 Jahren. Dies liegt aber vor allem daran, daß die Gesamtbevölkerung immer älter wird.

Drei Viertel der Menschen in Deutschland finden immerhin, daß man eine Familie braucht, um glücklich zu sein, aber heiraten brauche man nicht unbedingt. Die Ehe ist mit einem Anteil von 71 Prozent nach wie vor die häufigste Familienform in Deutschland. Doch seit 1996 ist dieser Anteil um fast ein Drittel zurückgegangen. Einen interessanter Aspekt bieten die Zahlen aus den mitteldeutschen Bundesländern. 62 Prozent der im Osten der Bundesrepublik geborenen Kinder stammen aus einer Beziehung unverheirateter Eltern. Damit gehören die neuen Länder bei den nichtehelichen Geburten im europäischen Vergleich zu den Spitzenreitern.

Insgesamt leben in Deutschland derzeit rund 8,1 Millionen Familien mit minderjährigen Kindern. Davon hatten 2,3 Millionen Familien einen Migrationshintergrund. 2011 lebten insgesamt 12,9 Millionen Kinder unter 18 Jahren in Deutschland, rund ein Drittel (31 Prozent) davon mit Migrationshintergrund. Die Bundesregierung sieht sich angesichts der Zahlen trotz aller statistischen Verwerfungen auf einem guten Weg. „Die ehe- und familienbezogenen Leistungen haben stabilisierende Wirkung und finden große Akzeptanz bei den Familien. Der verstärkte Ausbau der Kinderbetreuung erleichtert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf; das Bildungs- und Teilhabepaket unterstützt Eltern bei der Förderung ihrer Kinder; die Trends bei den Geburten sind erfreulich“, sagte die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Ingrid Fischbach.