© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/13 / 11. Januar 2013

Haltungsnote
Begabung, die zu den Sternen führt
Christian Rudolf

Die Sterndeuter aus dem Morgenland hatten gute Augen und ein waches Herz. Neil Ibata hat in jedem Fall einen scharfen Verstand. Der 15 Jahre alte Gymnasiast aus Straßburg interessiert sich brennend für den gestirnten Himmel über uns. Die Früchte dieses Interesses kann man in der Titelgeschichte der aktuellen Ausgabe des renommierten britischen Fachmagazins Nature nachlesen. Für den Hauptteil der vorgestellten Studie zeichnet das junge Genie verantwortlich. Er dürfte damit der jüngste je dort publizierte Autor sein. Seine Entdeckung ist bahnbrechend für die Astrophysik: Er konnte als erster zeigen, daß kleine Sternsysteme, welche unsere mit 2,5 Millionen Lichtjahren nächstbenachbarte Galaxie Andromeda umkreisen, diese nicht, wie bisher angenommen, chaotisch umschwirren, sondern feinsinnig geordnet auf einer Ebene wie Planeten in einem Sonnensystem.

Neil machte ein Praktikum im astrophysikalischen Institut von Straßburg, an dem sein Papa über den Andromedanebel forscht. Auf Anregung des Vaters entwickelte er mit der Programmiersprache Python „mal eben so“ ein Computerprogramm, das es möglich macht, Entfernungen und Geschwindigkeit der kreisenden Zwerggalaxien visuell darzustellen. Dann „habe ich einfach mit den Daten gespielt, die das Team meines Vaters gemessen hat“, gab er den staunenden Journalisten zu Protokoll.

Mit Zahlen so spielen zu können wie andere Jugendliche mit dem Volleyball kommt wohl nicht von ungefähr: „Mein Vater fing an, mir Mathe und Physik beizubringen, als ich fünf oder sechs Jahre alt war. Ich habe mich darin verliebt“, so das Wunderkind. Neil besucht die internationale Schule von Straßburg, spricht fließend Deutsch, Englisch und Chinesisch – und ist beileibe kein verkopfter Computerfreak: Am örtlichen Konservatorium nimmt er Klavierstunden.

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