© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/13 / 11. Januar 2013

Mammutprojekt Flughafen Schönefeld
Berlins Costa Concordia
Ronald Gläser

Die gute Nachricht zuerst: Viele Berliner sind dankbar, daß BER nicht fertig wird. Oft ist ein Seufzen zu hören, wenn der Eröffnungstermin mal wieder verschoben wird: „Zum Glück, dann kann ich noch länger über Tegel fliegen.“ Von Anfang an war Schönefeld ein „Elitenprojekt“, eine Spielwiese zur Befriedigung von Politiker-Größenwahn also. 60 Prozent der Berliner, die sich 2008 an der Volksabstimmung beteiligt haben, stimmten gegen die unsinnige Schließung des Flughafens Tempelhof und würden wohl dem ganzen Konzept eine Abfuhr erteilen, wenn sie könnten.

Und trotzdem ist die jüngste Verschiebung ein Armutszeugnis. Wir Deutsche ruhen uns aus auf dem guten Ruf, den frühere Generationen erarbeitet haben: Ingenieurskunst, Pünktlichkeit, Pflichtbewußtsein. Das sind Eigenschaften, die uns nachgesagt werden, und die wir uns selbst zuschreiben. Zu Unrecht. Längst haben uns andere Nationen abgehängt. Das Desaster auf der Langzeit-Dauerbaustelle zeigt es der ganzen Welt: Wir „haben fertig“. Schönefeld ist Deutschlands Costa Concordia, und Klaus Wowereit ist unser Kapitän Francesco Schettino. Natürlich müßte er zurücktreten und vor Gericht gestellt werden. Aber das reichte nicht. Am besten wäre es, die alten Flughäfen Schönefeld und Tegel ein wenig zu modernisieren, den Flugbetrieb in Tempelhof wieder aufzunehmen und den BER in ein Freiluftmuseum für Gigantonomie korrupter Politiker umzuwandeln. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

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