© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/13 / 04. Januar 2013

Im Namen der Menschenrechte gegen Beschneidungen und Ehrenmorde
Ein Faschismus der Gegenwart
(bz)

Das rundum nebensächlich wirkende Urteil des Landgerichts Köln, das Beschneidungen jüdischer wie moslemischer Knaben als Körperverletzung einstufte, hat monatelang Juristen, Mediziner und vor allem die Generalisten des Feuilletons beschäftigt. Demgegenüber, so klagt die Redaktion von Communio, der Internationalen katholischen Zeitschrift (5/2012), sei der „weitgehende Ausfall prominenter jüdischer Stimmen“ bemerkenswert. Dem hat man mit einem Gastkommentar Alfred Bodenheimers abgeholfen, der in Basel jüdische Religionsgeschichte lehrt. Bodenheimer, der dem Thema ein soeben erschienenes Buch gewidmet hat (Wallstein Verlag, Göttingen 2012), fragt, warum man „in ganz besonderer Weise in Deutschland“ plötzlich gegen die Beschneidung Sturm laufe. Unter Rückgriff auf psychoanalytische Deutungsmodelle glaubt Bodenheimer, daß sich in der Beschneidungsdebatte die bundesdeutsche Selbstsuche nach „NS-Zeit und Holocaust“ artikuliere. Das „neue Wir“ verstehe sich als postnationale, durch die globale Ethik der geschlechtsneutralen Menschenrechte definierte Gesellschaft. Wenn religiöse Gruppen ihren Kindern dann Gewalt antun, oder der radikale Islam mit Ehrenmorden und Frauendiskriminierung droht, liest das neue, die Pluralität des Menschen verleugnende Wir solche Phänomene als „eine Art Faschismus der Gegenwart“.

www.communio.de

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