© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/13 / 04. Januar 2013

Hedgefonds verdienen am griechischen Schuldenrückkauf
J’Accuse…!
Wilhelm Hankel

Vor deutschen Gerichten soll demnächst ein früherer Automanager stehen. Er habe seine Aktionäre angelogen, als er behauptete, Aktien, die er kaufen wollte, nicht kaufen zu wollen. Ergebnis: Er habe diejenigen seiner Aktionäre, die daraufhin ihre Aktien enttäuscht verkauften, um ihren späteren Gewinn gebracht. Nicht die Aktionäre klagen, sondern die Staatsanwaltschaft Stuttgart.

Nicht vor Gericht stehen zwei EU-Politmanager: der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Sie haben Sparer, Steuerzahler und den Fiskus des armen Griechenland um fast 55 Milliarden Euro gebracht, denn griechische Anleihen im Einlösungswert von 60 Milliarden Euro standen im Frühjahr 2012 bei elf Prozent. Mit dem Euro-Rettungskredit von zehn Milliarden Euro hätte man die 60-Milliarden-Schuld tilgen und noch etwas übrigbehalten können. Doch was geschah? Zunächst gar nichts – und dann begannen Draghi und Schäuble laut und unüberhörbar zu „denken“: Was wohl wäre, wenn Griechenland diese bei EZB, Banken und Fonds eingelagerten Papiere vorzeitig zurückkaufte?

Das Land wäre diesen Teil seiner Schulden formal los und könnte aufatmen. Je lauter beide „dachten“, desto schneller erholten sich die Papiere am Markt. Im Herbst standen sie bei 18 und am Tag des Rückkaufs im Dezember bei 33 Prozent. Draghis und Schäubles lautes „Denken“ hatte den Gegenwert des EZB-Kredits um annähernd 35 Milliarden Euro reduziert: Statt 65 Milliarden Euro konnte das arme Griechenland mit dem „rettenden“ Zehn-Milliarden-Euro-Kredit nur noch 30 Milliarden Euro seiner Altschulden tilgen. Mit der anderen Hälfte bleibt es voll im Obligo – plus seiner anderen, in diesen Tilgungsplan nicht einbezogenen Schulden. Draghi und Schäuble haben US-Hedgefonds wie Third Point ein hübsches Geschenk von einigen hundert Millionen Euro gemacht, denn jetzt konnten die Finanzmanager punktgenau kalkulieren. Auf die Euro-„Alternativlosigkeit“ ist Verlaß. Ob sie sich wohl dafür bedanken?

Das wirft zwei Fragen auf: Wer haftet eigentlich für den Wertverlust des EZB-Darlehens? Wer ihn bezahlt, ist klar: die Anteilseigner der EZB, Deutschland mit etwa 27 Prozent. Und warum haften nicht Draghi und Schäuble, die ihn hauptsächlich zu verantworten haben? Das führt zur zweiten Frage: Wem hat das Ganze letztendlich wirklich genützt? Vor allem offenbar jenen Verkäufern, die dank Draghi und Schäuble ihre griechischen Schrottanleihen nicht zu elf oder 18 Prozent losschlagen mußten, sondern satte 33 Prozent dafür bekamen.

Sie haben jenen Gewinn gemacht, um den Draghi seine Aktionäre und Schäuble Deutschlands Steuerzahler betrogen hat. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. J’accuse – wer weckt die europäischen Staatsanwälte auf? Vielleicht der Bund der Steuerzahler.

 

Prof. Dr. Wilhelm Hankel ist Währungsexperte und klagte mit Fachkollegen gegen die Griechenlandhilfe und den Euro-Rettungsschirm.

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