© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/12 - 01/13 / 21./28. Dezmber 2012

Neue Rechte im Banne der Maya
Hugo Stamms Weltuntergangsanalysen
Wolfgang Kaufmann

Rasch ans Werk! Geht es nach der „Vorhersage“des Maya-Kalender, dürften Sie diese Zeilen nämlich nur noch am JF-Erscheinungstag, dem 21. Dezember 2012, lesen können. Tatsächlich bot die Maya-Prognose, wie so oft, vielen den Anlaß, um ihre altbekannten Weltuntergangsphantasien frisch aufpoliert unters Volk zu bringen. Und es gibt Publizisten, die sich an genau diese Trittbrettfahrer klammern, weil ihnen das Treiben der modernen Apokalyptiker die Möglichkeit verschafft, zum wiederholten Male ihr ebenso politisch leicht durchschaubares wie fades Informationsgebräu aufzutischen.

Einer dieser Mitreisenden ist Hugo Stamm, seit 1975 Redakteur beim Zürcher Tages-Anzeiger, der sich auch als „Sektenexperte“ geriert. Stamm besitzt nämlich tatsächlich die Unverfrorenheit, unter Berufung auf das vielstimmige Geschwurbel bezüglich des drohenden Endes der Welt auf die sogenannte „Neue Rechte“ einzudreschen – als ob diese jemals behauptet hätte, daß es 2012 zu einer globalen Katastrophe kommen werde! Ja, in seiner nachgerade manischen Beflissenheit, selbst Personen wie den Philosophen Alain de Benoist als Kryptorassisten und Mystiker zu „entlarven“, scheut Stamm nicht einmal davor zurück, nochmals all das hinauszuposaunen, was er bereits 1998 aus Anlaß der Unkereien rund um den bevorstehenden Jahrtausendwechsel in „Im Banne der Apokalypse“ geschrieben hat: New Age, Esoterik, Theosophie et cetera gediehen vorrangig im „Dunstkreis des rechtsradikalen Milieus“.

Allerdings weist seine Darstellung immer noch den gleichen chaotischen Zettelkastencharakter auf wie vor 14 Jahren. Und auch Stamms Kenntnis des aktuellen Forschungsstandes ist nach wie vor höchst lückenhaft: Wie kann man drei Jahre nach dem Erscheinen einer fast tausendseitigen wissenschaftlichen Monographie zum Thema „Das Dritte Reich und Tibet“ ernsthaft behaupten, es sei nichts über die eigentlichen Hintergründe der SS-Tibetexpedition von 1938/39 bekannt?! Angesichts dessen wäre es wahrlich besser gewesen, wenn Stamm auf die angeblich aktualisierte Neuauflage seiner inkonsistenten Propagandaschrift mit ihrer „Aufklärung über rechte Umtriebe“ verzichtet hätte.

Hugo Stamm: Im Bann des Maya-Kalenders. Endzeit-hysterie in Sekten und Esoterik. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2012, gebunden, 270 Seiten, 19,99 Euro

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