© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/12 - 01/13 / 21./28. Dezmber 2012

Syrische Rebellen nehmen Reporter ins Visier
Seit zehn Wochen ist die ukrainische Journalistin Anhar Kotschnewa in der Gewalt von Geiselnehmern, die Lösegeld verlangen
Ronald Gläser

Am 8. Oktober verließ Anhar Kotschnewa Damaskus. Zunächst reiste sie nachTartus, dann nach Homs. Die 40jährige Ukrainerin, die fließend Arabisch spricht, arbeitet als freie Journalistin vorwiegend für russische Medien. Am 12. Oktober wurde sie südwestlich von Homs gekidnappt. In der Vergangenheit war sie bereits bedroht worden.

Die syrischen Rebellen, mutmaßlich Angehörige der Syrischen Befreiungsarmee FSA, behaupten, Kotschnewa sei eine russische Agentin. Sie haben ihre Geisel gezwungen, diese Behauptung in einem Youtube-Video zu bestätigen. Ferner bittet Kotschnewa in dem dreiminütigen Kurzfilm, die Forderungen ihrer Peiniger zu erfüllen: 50 Millionen Dollar Lösegeld.

Der Stellvertreterkrieg in Syrien, den Rußland und der Iran auf der einen Seite und der Westen und Islamisten auf der anderen Seite austragen, wird im Fall Kotschnewa überdeutlich: Westliche Medien, die regelmäßig über Beeinträchtigungen der Pressefreiheit in Rußland berichten, haben den Fall Kotschnewa bislang mit keiner Silbe erwähnt. Vor einer Woche hat sich die Sache spektakulär zugespitzt: Die Geiselnehmer drohten, die Frau töten zu wollen, wenn das Geld nicht bis Donnerstag, den 13. Dezember, eintrudelt. Der Termin verstrich.

Danach sickerte durch, daß die Enthauptung verschoben sei. Es könnte sein, daß die Reporterin längst tot ist. Nach Angaben der Reporter ohne Grenzen, die sich für Kotschnewa einsetzen, sind 2012 bereits 60 Journalisten in Syrien getötet worden.

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