© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/12 - 01/13 / 21./28. Dezmber 2012

CD: F. Durante
Pastorales aus Neapel
Markus Brandstetter

Jean-Jacques Rousseau war nicht nur Philosoph, Revolutionär, Pädagoge und Schriftsteller, sondern selbst ein fähiger Komponist. Als solcher hat er den italienischen Barockkomponisten Francesco Durante so beschrieben: „Le plus grande harmoniste D’Italie, c’est-à-dire du monde“ („der größte Harmoniker Italiens und damit der ganzen Welt“). Ganz so enthusiastisch wird man das heute nicht mehr sehen, aber dieser Durante war tatsächlich ein guter Komponist, der sich darauf verstand, harmonisch eingängige, wohltönende, fast schon populäre Kirchenmusik zu schreiben.

Durante (1684–1755) war das siebte von elf Kindern eines armen Wollkämmers, der in Frattamaggiore, das ist ein Vorort von Neapel, als Küster und Chorsänger fungierte. Francesco hatte einen Onkel, der Priester und Musiker in einer Person – damals keine seltene Kombination – war und praktischerweise auch noch am Konservatorium lehrte. Hier durchlief der jüngere Durante seine Ausbildung, wurde später selber Professor an den Konservatorien Neapels, unternahm einige Reisen (nach Dresden an den sächsischen Hof, zu den Esterházys in Eisenstadt), aber im großen und ganzen verbrachte er sein ganzes Leben in Neapel. Da war er einer der wenigen Komponisten, die ihr Geld nicht mit Opern, sondern mit Musik für Kirche und Konzert verdienten. Aus seinen vielen Messen, Motetten, Litaneien und Psalmvertonungen ragen ein klangschönes Magnifikat und als Alterswerk ein großartiges Requiem (1746) besonders hervor – Werke, die zum besten der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gehören und lange nach Durantes Tod im Repertoire verblieben, was damals außergewöhnlich war.

Seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert waren Weihnachtsmusiken, insbesondere solche in Form von Kantaten und Motetten, in Neapel Tradition. Diese melodisch eingängigen Werke für Solisten, Chor und Orchester, die durchaus eine halbe Stunde dauern können, wurden in der Weihnachtszeit in den Gottesdienst eingeschoben. Man nannte sie „Pastoralmusiken“, und als solche begründeten sie die Tradition der Pastoralmessen, die in ganz Südeuropa, in Österreich und Süddeutschland bis weit in das 19. Jahrhundert fortwirkte.

Nun hat sich die Kölner Akademie unter Michael Alexander Willens auf zwei CDs dieser Werke angenommen. Die Kölner Akademie, das ist ein Kammerorchester, das sich an historischer Aufführungspraxis orientiert, sich aber überhaupt nicht anstrengt, ausgesprochen häßlich zu klingen, um den angeblich originalen Sound der Zeit zu imitieren. Im Gegenteil: Das Ensemble musiziert wohltuend warm, angenehm, diszipliniert und beherrscht. Außergewöhnlich gut sind die Bläser, die zart und angenehm temperiert blasenden Oboen und insbesondere die Hörner, die durch sauberes Anblasen, schlackenfreie Intonation und Klangschönheit auffallen. So würde man das gerne öfter hören. Der dazugehörige Chor singt präzise, tonsicher und erfreulich expressiv.

So macht Barockmusik ganz einfach Spaß. Was hier geboten wird, ist eine schöne Weihnachtsmusik, abseits der bekannten Oratorien und Concerti Grossi zu Weihnachten und vielleicht gerade deswegen um so hörenswerter.

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