© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/12 14. Dezmber 2012

Zeitschriftenkritik: Pardon
Satire geht anders
Baal Müller

Ein Lehrer tritt vor die johlende Klasse und sagt: „Pardon, ich habe mir vorgenommen, ab und zu etwas autoritärer zu sein.“ Oder ein meist verhinderter Liebhaber sagt zu seinem Date: „Pardon, wenn ich schon mal etwas näherrücke – ich habe gelesen, daß ein draufgängerisches Verhalten von Frauen als erotisch empfunden wird.“ Werden die beiden Erfolg haben? Vielleicht nicht mit dem, was sie wollen, aber einen Lacher werden sie ernten.

Das Retro-Heftchen namens Pardon, das soeben zum 50. Jubiläum der einstmals größten europäischen Satire-Zeitschrift erschienen ist, bringt es zu weniger unfreiwilliger Komik, wenn es dem Leser bieder-ernsthaft erklärt, was eine Satire ist und ihm dabei eine „mit Früchten gefüllte Schale“ beziehungsweise „ein bunt gemischtes Allerlei“ auftischt; die Formulierungen aus dem gelangweilt hingeschriebenen Editorial finden sich wortgleich bei Wikipedia. Freiwillige Komik will erst recht nicht aufkommen, wenn man ängstlich beflissen ist, niemandem auf den Schlips zu treten: „Bisweilen ein wenig boshaft, nie aber bösartig“, möchte man sein; nur ein bißchen „fragmentieren“ und „neu zusammensetzen“. Und wer bei soviel postmoderner Einfallslosigkeit auf der ersten Seite noch nicht ins Schnarchen verfallen ist, kann auf der letzten bei Wolfram Weimer, dem Herausgeber des (zunächst?) für eine einmalige Ausgabe auf den Markt geworfenen Blattes, lesen, wie dessen wohlfeile „Kritik“ auf den fernen Putin zielt, der „junge Frauen ins Straflager wirft“ und „mißliebige Internetseiten einfach abschaltet“, „während wir nicht einmal wissen, wie das überhaupt geht“. Da manche deutsche Politikseite auf russischen Servern ins Netz gestellt wird, um die hiesige Zensur zu umgehen, hätte man hier tatsächlich einen der angekündigten hintersinnigen Witze plazieren können, aber die Chance wurde vertan.

Auch das dazwischen Liegende hat man schnell durchgeblättert: Promi-Fotomontagen, gefällige Lifestyle-Betrachtungen, ein fiktives Obama-Interview, das deutsch-amerikanische Klischees auswalzt, ein „geheimes Tagebuch von Gott“ auf Abi-Zeitungsniveau, nett gezeichnete, harmlose Comics sowie viele Selbstzitate aus Zeiten, in denen man sich der Mitarbeit von Loriot und Erich Kästner rühmen konnte, bilden ein zwar buntes, aber wenig gemischtes Einerlei. Sicher hat die Weimer Media Group einiges in heutige Prominenz investiert, aber das Ergebnis zeigt, daß man mit omnipräsenten Namen wie Matussek, Karasek und Martenstein, Dieter Nuhr und Eckart von Hirschhausen auch immer nur das gleiche wie überall zustande bekommt.

Wenn Wolfram Weimer schon auf Yps-Spuren wandelt und einem älter gewordenen Publikum mit einem alten Heft hinterherläuft, hätte er auch gleich ein Gimmick beilegen können – dann hätte man zwar auch wenig zum Lachen, aber immerhin etwas gehabt, um sich retromäßig zu ärgern: Wer erinnert sich nicht an den Zorn seiner Kindheit, wenn keine richtigen „Urzeit-Krebse“ aus dem Pulver krochen?

Kontakt: Weimer Media Group, Maximilianstr. 13, 80539 München, Telefon: 09 11 / 2 74 00-0. Das Heft kostet 5 Euro.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen