© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/12 07. Dezmber 2012

Tradition der Berliner Japanologie: Lobreden auf Mori Rintarō
Grundlegend für weltweite Wirkung
(wm)

Für einen Vereinnahmungskünstler wie den DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker war das japanische Universalgenie Mori Rintarō, genannt Ôgai (1862–1922), eine Galionsfigur des „internationalen Zusammenwirkens im Dienste des Humanismus“ und sein Werk für die DDR ein bewahrungswürdiges Erbe. Von solchen propagandistischen Zumutungen will sich die Ôgai-Tradition der Berliner Humboldt-Universität (HUB) im 150. Geburtsjahr des Mediziners, Philosophen und Dichters zwar möglichst fernhalten (Humboldt-Spektrum, 1/2012). Wenn aber die Festrede des HUB-Präsidenten Jan-Hendrik Olbertz, in der DDR fleißiger Lobredner Lenins, in Joachim-Gauck-Manier den Hymnus der „Freiheit“ anstimmt, die schon Ôgai als „eigentliches Merkmal der deutschen Universität“ beschrieben habe, führt das zurück in die vertraute politische Funktionalisierung der Wissenschaft. Im Vergleich dazu begnügt sich der HUB-Japanologe Klaus Kracht damit, Ôgais Bedeutung für die deutschen Japanstudien zu betonen. 1926 sei mit Hilfe Albert Einsteins das weltweit erste Japaninstitut in Berlin gegründet worden. In dieser Tradition stehe das gegenwärtige HUB-Austauschprogramm mit zehn japanischen Hochschulen. So leiste die Japanologie Grundlegendes für die Stellung der Berliner Kulturwissenschaften „in der Welt“.

www.hu-berlin.de

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