© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/12 07. Dezmber 2012

Lockerungsübungen
Ein Zeichen setzen
Karl Heinzen

Der Tourismusausschuß des Deutschen Bundestages hat mit den Stimmen seiner Unions- und FDP-Mitglieder einen Antrag der SPD abgelehnt, der von der Bundesregierung mehr Unterstützung für das Gaststättengewerbe in der Abwehr rechtsextremistischer Bestrebungen einforderte.

Dieses Votum ist überraschend, da es die Staatsräson der Bundesrepublik ignoriert, keine Mühe zu scheuen, um Anfängen welcher Art auch immer zu wehren. Natürlich kann man sich auf den Standpunkt zurückziehen, daß auf diesem Gebiet eigentlich schon genug getan wird. Es gibt zahllose regionale Initiativen, in denen sich Hoteliers und Gastronomen zusammengefunden haben, um einem Mißbrauch ihrer Dienstleistungen durch Personen und Organisationen, die dem Rechtsextremismus zugeordnet werden könnten, präventiv entgegenzuwirken. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband sind dafür sensibilisiert, daß die Maxime „Keine Bedienung für Neonazis“ dauerhaft mit Leben zu erfüllen ist, um Rechten die Möglichkeit zu nehmen, ihre Stigmatisierung durch öffentliche Auftritte zu unterlaufen.

Allerdings ist dieses Thema zu wichtig, als daß man nicht jede Chance, aufs neue ein Zeichen zu setzen, nutzen sollte. Diese Chance hat der Tourismusausschuß leichtfertig verspielt. Die dafür verantwortlichen Abgeordneten haben aus parteipolitischer Kleinkariertheit nicht bedacht, daß der Kampf gegen Rechts nur durch den engen Schulterschluß von Politik und Gesellschaft erfolgreich sein kann. Regierung und Parlament sind in diesem nämlich die Hände gebunden, da sie die Grundrechte formal auch für offenkundige Extremisten nicht ohne weiteres einschränken können – hier müssen sie letztlich immer noch die Naivität der Väter des Grundgesetzes wie auch den Starrsinn der Verfassungsgerichtsbarkeit ausbaden.

Alle Register gegen Rechts lassen sich nur ziehen, wenn die Bürger aktiv in diesen Kampf einbezogen werden. Anders als die Träger hoheitlicher Gewalt müssen sie in ihrem Privatleben und als Geschäftsleute keine Rücksicht auf die Grundrechte nehmen und können jenen sozialen Druck aufbauen, der erforderlich ist, um die Feinde der Toleranz zum Schweigen zu bringen. Um ihre Skrupel dabei zu überwinden, bedürfen sie staatlicher Unterstützung.

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