© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/12 07. Dezmber 2012

Grüße aus Alberta
Wildrose will es wissen
Oliver Seifert

Bei der Jahresmitgliederversammlung der Wildrose Party of Alberta setzte sich die junge Parteichefin Danielle Smith mit dem enttäuschenden Wahlergebnis vor wenigen Monaten (JF 19/12) auseinander. Obgleich der libertär-konservativen Partei noch unmittelbar vor den Wahlen ausgezeichnete Chancen eingeräumt worden waren, die seit Jahrzehnten in Alberta regierenden Konservativen aus dem Amt zu jagen, gelang es nicht, diese Vorschußlorbeeren in einen überzeugenden Sieg zu verwandeln.

Nun übte Smith in ihrer Rede Selbstkritik und forderte für die Zukunft eine strengere Kandidatenauswahl und eine Abkehr von Forderungen, die nicht mehr den Realitäten in Alberta entsprächen, wie die Forderung nach einer Provinzpolizei und die Abschaffung der provinziellen Menschenrechtskommission. Darüber hinaus dürfe keiner der neuen Kandidaten mit seinen Äußerungen dem Zerrbild einer rechtsextremen Partei Vorschub leisten. Die Crux dabei: Smith selbst ist eine dem Libertarismus zuneigende Politikerin, der es im Innersten zuwider ist, anderen vorzuschreiben, wie sie zu denken haben.

Ihr zur Seite steht Fraktionschef Rob Anderson, einer von vielen desillusionierten fiskalen Konservativen. Der 35jährige ist ein knallharter Oppositionspolitiker, der nie müde wird, seinen ehemaligen Parteikollegen auf den Regierungsbänken das Leben sauer zu machen. Nach seinem Übertritt zur Wildrose macht er sich mit seinem Bemühen, Korruption, Vetternwirtschaft, Inkompetenz, defizitäre Wirtschaftspolitik und Verschwendungssucht auf der Regierungsseite zum Tagesthema zu machen, einen Namen. Nicht selten ist es ihm bereits gelungen, Regierungsmitglieder in aller Öffentlichkeit so aus der Fassung zu bringen, daß deren Berater alle Mühe hatten, den resultierenden Zusammenbruch zu minimieren.

Klares Ziel von Smith und Anderson ist es, die Rolle der Oppositionspartei zu nutzen, um sich als ernstzunehmende Alternative zu den verbrauchten Konservativen zu präsentieren. Die aktuellen Bemühungen der Regierung, das sozialisierte Gesundheitssystem dadurch zu reformieren, daß mehr und mehr Macht in die Hände der Bürokraten gegeben wird, ist das jüngste Beispiel dafür, wie eine sich unverwundbar wähnende und verbrauchte Regierungspartei Steilvorlagen liefern kann, die eine gewiefte Oppositionspartei für sich auszunutzen in der Lage sein müßte.

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