© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/12 16. November 2012

Haltungsnote
Ein großer Freund der Deutschen
Christian Rudolf

So war das in der alten Bundesrepublik, damals: Die Einheit ließ viele kalt. Eine Umfrage der Bild-Zeitung erbrachte jüngst, daß auch heute, 22 Jahre nach „Deutschland, einig Vaterland“, jeder fünfte Westdeutsche noch nie in Mitteldeutschland war. Malle kennt man, Mecklenburg nicht.

Wie anders dagegen der neue holländische Außenminister: Frans Timmermans kannte in der glücklichsten Nacht unserer jüngeren Geschichte vor Ergriffenheit kein Halten mehr, schlüpfte in den Mantel der Geschichte, sprang in seinen alten Toyota und raste, was die Kiste hergab, nach Berlin, dem Wind of Change entgegen. Noch lebhaft erinnert er sich an den Gestank der Trabis, die „komischen Lederjacken“ der Männer und „wie die Frauen aus Ost-Berlin alle blondiert waren“. Der Mauerfall „war und ist das wichtigste Ereignis in meinem Leben als Politiker“, bekannte der Sozialdemokrat kurz vor seinem Antrittsbesuch bei Merkel am vergangenen Montag. Welcher hohe deutsche Parteikollege könnte das wohl ehrlichen Herzens von sich sagen.

Timmermans macht seinem Ruf als großer Freund der Deutschen alle Ehre. Er schätzt unser Land, Ost wie West: Mit seiner sechsköpfigen Familie macht er einmal im Jahr Kultururlaub an der Spree, geht in Aachen Kaffee trinken und Bücher kaufen. Seinem eigenen gab er den deutschen Titel „Glück auf“. Als Vorsitzender der Kontaktgruppe Deutschland intensivierte er das Kennenlernen von Parlamentariern beider Länder. Wie in sechs anderen Sprachen parliert er auch in deutscher Zunge fließend. Das Deutsche ist ihm so wichtig, daß er eine Initiative für die deutsche Sprache aktiv unterstützt und seinen Landsleuten rät: Sprecht Deutsch! Auch zu beiderseitigem Nutz und Frommen: Holland liefert den deutschen Exportbetrieben zu, die es schätzen, wenn sie mit den Bürgern des Königreichs in der Muttersprache verhandeln können.

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