© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/12 16. November 2012

David Petraeus‘ Rücktritt
Geheime Affäre
Ronald Gläser

Deutsche Medien berichten ausführlich über CIA-Chef David Petraeus, der wegen einer Liebesaffäre seinen Job verloren hat. Wer ist die Geliebte? Warum wurde sie bekannt? Wurde er erpreßt? Das sind die Fragen, die vom Boulevard bis zur ersten Reihe (ARD und ZDF) abgearbeitet werden. Bestenfalls gibt es Andeutungen, daß es etwas mit Bengasi zu tun hat. In Wahrheit dürfte dies der Hauptgrund für die Demission sein. Hier die Fakten: Im libyschen Bengasi starben vier Amerikaner bei einem Terrorangriff. Die CIA hatte zwei Drohnen vor Ort. Flugzeuge, Kriegsschiffe und Spezialeinheiten waren in der Region. Doch niemand kam den Eingeschlossenen zu Hilfe. Präsident Obama versuchte dieses Versagen zunächst zu vertuschen, indem er das unsägliche Mohammed-Video für den Angriff verantwortlich machte. Kurz vor der Wahl sagte Petraeus jedoch öffentlich, er sei es nicht gewesen, der den „Navy Seals“ die Unterstützung versagt habe. Das Weiße Haus dürfte vor Wut geschäumt haben.

Die Obama-Leute suchten nach einem Weg, Petraeus loszuwerden. Nach der Wahl trat er dann tatsächlich zurück. Was genau hinter den Kulissen geschah? Wir wissen es nicht. Aber die Geschichte vom Geheimdienstchef, der eine Affäre nicht geheimhalten kann, ist so unglaubwürdig, als stamme sie aus „Tausendundeiner Nacht“. Petraeus sollte in dieser Woche vor einem Aussschuß zu Bengasi befragt werden. Jetzt muß sein Nachfolger aussagen, der wenig Ahnung von den Vorgängen hat. Wie praktisch.

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