© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/12 02. November 2012

Die Spur des Goldes
Währung: In der Diskussion um die deutschen Goldreserven hat die Bundesbank eine begrenzte Rückholaktion angekündigt
Christian Schreiber

Für den CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler war es ein beeindruckendes Erlebnis. Er durfte sich als einer von wenigen Parlamentariern den Goldschatz der Bundesrepublik in den Tresorräumen der Bundesbank anschauen. Dabei lagert ein Teil des deutschen Goldes gar nicht auf dem Bundesgebiet.

Aufgrund dieser Tatsache ist es in den vergangenen Wochen zu teils erbitterten Debatten gekommen. Irritiert haben viele Politiker zudem zur Kenntnis genommen, daß eine genaue Bestandsaufnahme seit Jahren offenbar nicht stattgefunden hat. Die Diskussion war durch einen Bericht des Rechnungshofes aufgekommen, in dem die Prüfer eine regelmäßige Vor-Ort-Kontrolle der im Ausland lagernden Goldreserven gefordert haben. Dafür spreche schon der Wert der Goldreserven von 132,9 Milliarden Euro. Von den 3.396 Tonnen lagert in den Tresoren der amerikanischen Notenbank Fed in New York etwa die Hälfte, 374 Tonnen lagern bei der französischen Nationalbank in Paris, 450 Tonnen bei der britischen Zentralbank in London. Den Rest, 1.036 Tonnen hütet die Bundesbank in ihrer Zentrale in Frankfurt am Main.

Damit befinden sich fast drei Viertel des mehr als 270.000 Barren zu je 12,5 Kilogramm zählenden deutschen „Goldschatzes“ im Ausland. Und dies empört viele Bürger. Doch die Bundesregierung hat sich bislang stehts geweigert, das Gold zurückholen, da das Edelmetall im Ausland gelagert werde, um die Kreditwürdigkeit Deutschlands im Krisenfall zu sichern. Die Bundesbank erklärte unterdessen einigermaßen genervt: „Mit den vorliegenden Unterlagen und den angewendeten Verfahren ist der Nachweis über die ausgelagerten Goldbestände vollständig und seit Jahrzehnten nachvollziehbar erbracht.“ Der vom Bundesrechnungshof erwünschte Umfang der Kontrollen sei weder üblich noch zweckmäßig. „Ungeachtet der bestehenden Rechtsauffassung wird die Bundesbank Anregungen des Bundesrechnungshofs, soweit es möglich ist, aufgreifen“, teilte die Bundesbank schließlich in der vergangenen Woche mit. In den kommenden drei Jahren will die Notenbank zunächst zudem jährlich jeweils 50 Tonnen des in den Vereinigten Staaten lagernden Goldes nach Deutschland bringen, um es zu prüfen. Dafür soll es gewogen und teilweise eingeschmolzen werden

Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle plädierte dafür, den Wert der Goldreserven exakt zu prüfen. „Ich würde empfehlen, daß wir immer wieder nachzählen“, sagte Brüderle dem Hamburger Abendblatt. Zudem machte er sich für einen Transport des Goldes nach Deutschland stark. „Ich glaube, daß wir geeignete Gebäude auch in Deutschland haben“, sagte Brüderle. Im Laufe der Diskussion mehrten sich die Stimmen, die die Position Brüderles unterstützten. „Wir haben gerade eine Währungskrise, und wir wollen Sicherheit. Und Sicherheit bietet Gold. Insofern sollte man nachschauen, wie schnell die Bundesbank auf diese Währungsreserve zurückgreifen kann“, sagte der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, dem Hessischen Rundfunk.

Die Bundesbank hielt dem entgegen, die Lagerung im Ausland sei „betriebswirtschaftlich sinnvoll, solange sie kostengünstiger ist als der Transport nach Deutschland und der Bau zusätzlicher Tresoranlagen“. Zudem könnte man zum Beispiel das Gold in New York im Falle einer Währungskrise schnell in Dollar umtauschen. Allerdings gab es auch Stimmen, die einen Verkauf des Edelmetalls forderten. „Man könnte durchaus Sinnvolles mit den Goldreserven anfangen. In Zeiten schwacher Konjunktur könnte ein Teil verkauft werden, die Erlöse könnten dazu verwendet werden, die Wirtschaft zu stimulieren. Dies würde den Bundeshaushalt schonen und so den konjunkturpolitischen Spielraum des Staates in Zeiten der Schuldenbremse erhöhen“, schreibt der Ökonom Gustav Horn in der Welt. Der Leiter des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung weiter: „Der Goldstandard ist seit langem für alle bedeutenden Währungen aus gutem Grund Geschichte. Der Euro war nie durch Gold gedeckt, und die Bundesbank verfügt nicht einmal mehr über eine eigene Währungshoheit, wohl aber über hohe Goldreserven.“

Dagegen warnte der Chefökonom der Degussa Goldhandel GmbH,Thorsten Polleit, vor einem Goldverkauf. Es sei eine Versicherung für Deutschland und den Euro. Außerdem bringe ein Verkauf viel weniger Geld als gedacht. „Die Erträge, die sich durch einen Verkauf des Bundesbankgoldes realisieren lassen, sind relativ gering. Der Gewinn fällt nicht in Höhe des Marktwertes von derzeit 147 Milliarden Euro an“, sagte er der Welt.

Foto: Goldbarren im Tresorraum der Bundesbank: Innerhalb von drei Jahren werden 150 Tonnen zurückgeholt

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