© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/12 26. Oktober 2012

Männerkonferenz in Berlin
Alles außer Baumarkt
Birgit Kelle

Frauenpolitik gibt es jetzt auch für Männer, könnte man es böswillig zusammenfassen – aber halt! Wir wollen es nicht von vornherein schlechtreden, wenn Familienministerin Kristina Schröder diese Woche das erste Mal zu einer Männerkonferenz geladen hat. Der gute Wille ist schließlich erkennbar. „Merkels Frauenministerin plant erste Männerkonferenz“, überschrieb die Bild-Zeitung die Neuigkeit.

Ja, es ist für manche wohl tatsächlich eine Sensation, daß zum Komplex Familie neuerdings auch Männer dazugehören. Immerhin sind sie doch als Väter und Kindserzeuger eigentlich schon immer ein Teil der Familie gewesen. Manchen fällt es aber offensichtlich jetzt erst auf, daß das Ressort „Familie und Gedöns“ (Gerhard Schröder) keines für reine Frauenfragen ist. So betrachtet, hätten die Männer schon seit Schaffung des Familienministeriums ein Anrecht auf Vertretung gehabt. Besser spät als nie.

Nun traten also für mehrere Tage Männer aus zahlreichen europäischen Ländern in Berlin zusammen, um über Männerthemen zu diskutieren. Nein, nicht Autos und Baumarkt, sondern Männergesundheit, Männerrollen, Väterpolitik und den Umgang mit der Frauenpolitik. Damit ist endlich eine größere Bandbreite an Themen aufgestellt als das, was man bislang aus dem Familienministerium gewohnt war.

Zwar wies Ministerin Schröder zu Beginn der Konferenz stolz darauf hin, daß sie ja eigens ein Männerreferat in ihrem Ressort neu geschaffen hat, vergaß aber zu erwähnen, daß sie dieses von einer Frau leiten läßt. Gab es keinen geeigneten männlichen Bewerber für diese Stelle? Wie würden wir Frauen es aufnehmen, wenn die einzige offizielle staatliche Stelle, die sich um weibliche Belange kümmern soll, von einem Mann geleitet würde? Gemeinhin ist man doch der Meinung, daß man zur Repräsentanz von Frauenthemen eine Gebärmutter benötige, selbst wenn man diese nicht zwangsläufig nutzt. Was braucht man also, um Männerthemen zu vertreten? – Na, sehen Sie!

Bislang hatten wir also nur den „Boys Day“ und „Mehr Männer in Kitas“ als Prestigeprojekte des Männerreferates – beides übrigens Vorhaben, die Jungs und Männer für schlechtbezahlte Frauenberufe begeistern sollen. Die neue Konferenz läßt jedenfalls hoffen, daß das noch nicht alles gewesen sein soll.

 

Birgit Kelle ist Journalistin und Vorsitzende des Vereins Frau 2000plus sowie Mitglied der New Women for Europe.

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