© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/12 19. Oktober 2012

Blick in die Medien
Erst Nachrichten-, nun Arbeitsagentur
Toni Roidl

Die Nachrichtenagentur dapd (Deutscher Auslands-Depeschendienst) wurde erst vor zwei Jahren gegründet. Nach eigenen Angaben stellte sie täglich rund achthundert Nachrichten und zweitausend Bilder bereit. Damit ist jetzt bald Schluß. Die Firma ist insolvent.

Erst im Januar hieß es, der dpad wolle in Frankreich Fuß fassen, im April kaufte die Agentur den Bilderdienst Picture Press von Gruner + Jahr. Unter anderem finanzierte sich dpad aus Zuschüssen vom Bundespresseamt in Millionenhöhe. Trotzdem soll dpad laut Spiegel-Berichten bei der Kundenakquise mit harten Bandagen gekämpft haben. So soll versucht worden sein, durch politischen Druck die Honorare des ZDF zu verdoppeln. Auch vor einer Klage gegen das Bundesinnenministerium wegen Auftragsvergabe an den Konkurrenten und Platzhirsch dpa war dapd nicht bange.

Trotzdem war der Newcomer erfolgreich. Die WAZ-Gruppe kündigte ihre Verträge bei dpa und ließ sich nur noch von dapd beliefern. Von harten Bandagen sprechen Kenner auch bei der Mitarbeiterführung. Die rund 500 Beschäftigten wurden von der Insolvenz-nachricht ebenso überrascht wie die ganze restliche Branche.

Schwer zu glauben, daß auch die Geschäftsführung nichts wußte. Bis zuletzt warb dapd Mitarbeiter bei der Konkurrenz ab. „Es wurden Journalisten weggekauft, als schon lange klar sein mußte, daß dapd in beträchtlicher finanzieller Schieflage war“, mutmaßt ein Branchenkenner beim Onlinemedium Newsroom. Das wäre in der Tat ein mieses Spiel. 299 dpad-Beschäftigte erhalten Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit.

Dabei wäre es gar nicht übel, wenn ein neuer Spieler das Meinungsmonopol der dpa aufwirbeln würde. Aufgrund der Sparzwänge bei den schrumpfenden Printmedien wird aber wohl nur eine Nachrichtenagentur in Deutschland überleben können.

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