© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/12 19. Oktober 2012

Bundeswehr und Schule
Wie Integration besser gelingt
Dieter Stein

Es gibt manche, die glauben, Integration von Zuwanderern sei nicht möglich. Ich bin der festen Überzeugung, daß dies gelingen kann und auch teilweise mit Erfolg gelingt. Neulich kam ich mit einem türkischstämmigen Kioskbesitzer ins Plaudern. Er beklagte, daß er sich durch die von mir unterstützten Thesen Thilo Sarrazins zurückgesetzt fühle. Als wir über unsere Kinder und den Schulbesuch sprachen, deckten sich unsere Ansichten plötzlich. Für ihn geht es an den deutschen Schulen viel zu lasch zu und den Kindern werde zuwenig abgefordert. In der Türkei gebe es eine solche Mißachtung der Autorität nicht, wie er es hier erlebe.

Ich konnte dem Türken nur beipflichten, wenn er Disziplin und Ordnung vermißt, die einst charakteristisch für Deutschland waren. Selbst bei Einschulungsfeiern treten Lehrer lässig vor ihre nicht minder schlampig gekleideten Schüler, Eltern erscheinen wie Halbstarke auf Campingurlaub. Ein junges gebildetes Elternpaar mit beiderseits deutsch-afrikanischen Wurzeln schilderte mir kürzlich seine Erfahrungen mit einer durchschnittlichen Grundschule, die in keinem Problembezirk gelegen ist. Türkische oder arabische Schüler sind auch dort besondere Quelle von Aggression, noch erschütternder sei jedoch die Gleichgültigkeit gewesen, mit der Lehrer und Eltern auf die allgemeine Verwahrlosung der Schule reagierten. Sie wechselten an eine andere Schule, an der glücklicherweise ein anderer Geist weht.

Integration wird kaum gelingen, wenn Stadtteile kippen und deutsche Schüler in der Minderheit sind. Völlig zum Scheitern verurteilt ist sie jedoch, wenn Schüler auf eine Ordnung treffen, die diesen Namen nicht mehr verdient.

In Nordrhein-Westfalen hat das Schulministerium jetzt beschlossen, Jugendoffiziere der Bundeswehr das Auftreten vor Schülern nur noch zu gestatten, wenn zugleich auch Vertreter von „Friedensinitiativen“ oder Kirchen eingeladen werden. Diese Entscheidung mißachtet nicht nur die Bundeswehr und ihren grundgesetzlichen Auftrag. Die politisch Verantwortlichen verschenken auch eine entscheidende Chance, Integration zu fördern. Insbesondere türkische Kinder wissen, daß in ihrer Heimat die Armee große Achtung genießt.

Offiziere der Armee stellen gerade in den Augen junger Türken in besonderem Maße Respektspersonen der Nation dar. Distanzieren sich Schule und Lehrer demonstrativ von den Soldaten, untergraben sie nicht nur das Ansehen des Militärs, sondern auch ihr eigenes. Sie kennzeichnen den Grad der Verachtung gegenüber der eigenen Gemeinschaft, der es Zuwanderern, aber auch jungen Deutschen schwermacht, sich mit ihrem Land zu identifizieren. Es ist überfällig, daß Vertreter des Staates – ob Soldaten, Polizisten oder Beamte und Lehrer – wieder stärker gemeinsam mit Stolz und Autorität auftreten. Auch, damit Integration besser gelingt.

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