© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/12 12. Oktober 2012

Frisch gepresst

Asoziale. Es fällt ein bißchen schwer, einen Autor ernstzunehmen, der über sich selbst im Vorwort seines eigenen Buches sagt, er sei einer der ersten Journalisten gewesen, die sich mit der Unterschicht beschäftigt hätten. Der Stern-Autor Walter Wüllenweber sieht sich als Anwalt der immer kleiner werdenden Mittelschicht, die nach oben und unten hin ausgedünnt wird. Den Reichen wirft er vor, nur noch von Spekulationen und Kapitalgeschäften zu leben, den Armen, daß sie tricksen bei der Stütze und sich vor Arbeit drücken. Vor allem das Kapitel über die Unterschicht, die der Autor auch so bezeichnet, lohnt sich. Der Leser hat das alles zwar schon einmal von Thilo Sarrazin gehört oder bei Peter Zwegat gesehen, aber selten so unterhaltsam, geradezu witzig. Wüllenweber beschränkt sich auf die Rolle des Reporters, Lösungsvorschläge unterbreitet er keine. Er gibt nur diese Prognose ab: Egal, was passiert, um diese Mißstände abzustellen, wird es mehrere Generationen dauern. (rg)

Walter Wüllenweber: Die Asozialen. Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren – und wer davon profitiert. DVA, München 2012, gebunden, 256 Seiten, 19,99 Euro

 

Demokratiemythos. Noch nie gab es so viele Gesetze wie heute. Noch nie waren die Steuern so hoch wie in den westlichen Wohlfahrtsstaaten. Doch als Lösung für die vielen selbstgemachten Probleme werden uns immer nur neue Gesetze und noch höhere Steuern vorgeschlagen. Der Grund: Längst ist die Demokratie zum Dogma geworden, sogar zur Religion. Niemand kommt auf die Idee, das Sytem als solches in Frage zu stellen. Die beiden Autoren Frank Karsten und Karel Beckman bewegen sich mit ihrem Demokratie-Verriß ganz nah an der libertären Bibel „Demokratie – der Gott, der keiner ist“ (2005) von Hans-Hermann Hoppe. Gegen diesen Gott erheben die beiden Holländer ihre Stimme. Sie kritisieren den Kollektivismus, wenn alle über alles abstimmen können. Demokratie sei Sozialismus durch die Hintertür. Sie fordern Dezentralisierung und einen schwachen Staat wie in der Schweiz. Aber sie sind nicht nur böse, sondern auch witzig: So attestieren sie den Leuten, die wählen gehen, weil jene glauben, mit ihrer Stimme etwas verändern zu können, am Stockholm-Syndrom zu leiden. Ein diskussionswürdiger Beitrag zur zeitgenössischen Demokratiekritik. (rg)

Frank Karsten, Karel Beckman: Wenn die Demokratie zusammenbricht. Finanzbuch Verlag, München 2012, broschiert, 192 Seiten, 14,99 Euro

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