© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/12 12. Oktober 2012

Umwelt
„Grün“ ist konservativ
Volker Kempf

Der Kahlfraß des Menschen auf Erden zeitigt eine Schreckensmeldung nach der anderen. Schön ist das alles nicht. Eine typische Reaktion ist es, einfach wegzuschauen. Das war Ende der siebziger Jahre schon so. Helmut Schmidt war ein Meister des Wegschauens, wenn die Industrie vor Wettbewerbsnachteilen warnte: Es drohe eine vormoderne Idylle und ein autoritärer Staat. Das wird heute noch als Stand der Wissenschaft präsentiert, von Manfred Güllner etwa in seinem Buch über „Die Grünen“ (JF 41/12). Man sollte sich das „grüne“ Anliegen nicht madig machen lassen, es hat seine Berechtigung. Das machen einige Erfolgsmeldungen deutlich. Kohlekraftwerke haben effiziente Schwefelfilter, Kläranlagen sind heute Standard – das ist keine vormoderne Idylle. Durch Naturschutz wurden auch einige Gebiete vor dem Abholzen gerettet.

Doch über einige konkrete Maßnahmen hinaus gestaltet sich die Umweltvorsorge schwer. Die Urwälder in Asien und Südamerika weichen in einem atemberaubenden Tempo – vor allem für Palmöl und E10 an unseren Tankstellen. Aber auch hier gibt es Erfolgsmeldungen. Die Organisation „Rettet den Regenwald“ sammelte fast 50.000 Unterschriften für den Erhalt der Torfwälder von Tripa. Das Verwaltungsgericht in Nordsumatra erklärte die Vergabe von Lizenzen für die Regenwaldzerstörung zur Palmölgewinnung für illegal. Das war nicht „autoritär“, das war ein Rechtsakt. Die Begründung lautet, es handle sich um geschütztes Gebiet. Die dort lebenden Orang-Utans dürfen sich freuen. Der Einsatz für den Schutz von Natur, Umwelt und Tieren lohnt sich. Es ist dies ein konservatives, nämlich bewahrendes Anliegen. Das sollte man sich durch Güllner und andere Abschreiber nicht nehmen lassen; sehr wohl aber sollte betont werden, daß die ganze „grüne“ Geschlechterpolitik, die oft im Vordergrund steht, einem nicht ganz „grün“ sein muß.

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