© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/12 12. Oktober 2012

In den Tentakeln der Polit-Justiz
Südtirol: Wie die Bozner Staatsanwaltschaft eine Privatstiftung verfolgt und die Opposition zu diskreditieren trachtet
Reinhard Liesing

Seit zwei Jahren läßt Guido Rispoli, Leitender Oberstaatsanwalt zu Bozen, gegen sie ermitteln: die Laurin-Stiftung, eine in Liechtenstein ansässige Privatstiftung, in die die in Australien lebende Philanthropin Helga Christian, Tochter eines Wiener Industriellen, große Teile ihres ererbten Vermögens einbrachte. Sie unterstützt vornehmlich in Not geratene Bergbauern. Stiftungsgelder fließen zudem in die Kulturarbeit Südtirols. Der Eifer Rispolis richtet sich hauptsächlich gegen zwei Mitglieder des Stiftungskuratoriums: Erhard Hartung und Peter Kienesberger, zwei in Deutschland lebende Österreicher, zählen zu den Südtiroler Freiheitskämpfern.

Im Vorjahr unterzog Rispoli das Bozner Stiftungsbüro einer Razzia. Im Frühjahr rückte er in Nürnberg an und ließ bei Kienesberger per Hausdurchsuchung Rechner, Speichermedien sowie Unterlagen beschlagnahmen. Das Amtsgericht Nürnberg hatte Rispolis Rechtshilfeersuchen zunächst entsprochen, wogegen Kienesberger Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht einlegte. Dieses nun stellte die Unrechtmäßigkeit des Vorgehens fest.

Werner Neubauer (FPÖ), Mitglied im Südtirol-Ausschuß des österreichischen Parlaments, jubilierte und sprach von einer „Zurechtweisung und rechtsstaatlichen Belehrung der italienischen Staatsanwaltschaft in Bozen“.

Auch in Liechtenstein und Österreich hatte Rispoli Durchsuchungen durchführen (lassen) wollen, doch die Justizbehörden lehnten die Rechtshilfeersuchen ab. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck beschied, sein Tatvorwurf stelle ein politisches Delikt dar. Was Rispoli bestreitet. Doch in seinen Ersuchen hatte er just dargelegt, mittels Durchsuchungen sollten „Unterlagen sichergestellt werden können, die sich auf die Laurin-Stiftung, auf politische Parteien Südtirols (Die Freiheitlichen, Süd-Tiroler Freiheit, Union für Südtirol), auf deren Vertreter, auf Bürgermeister Südtirols, auf den Schützenbund und andere beziehen“.

Neubauer bezeichnet dies als „unverhüllt politisch motivierte versuchte Kriminalisierung Südtiroler Politiker durch die italienische Staatsanwaltschaft Bozen im Zusammenhang mit einer karitativen Stiftung“ und einen „Justizskandal erster Ordnung“. Weshalb der FPÖ-Politiker Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) ersuchte, „die Ihnen untergeordneten Stellen anzuweisen, keine unüberlegten Entscheidungen zu treffen, ehe nicht die Rechtslage in bezug auf den politischen Charakter dieses Falles genau geprüft und abgeklärt ist“. Für Sven Knoll, einen der genannten Südtiroler Politiker, liegt der Verdacht nahe, „daß es sich um politisch motivierte Ermittlungen handelt“, da die Staatsanwaltschaft Bozen „nur jene Abgeordnete namentlich angeführt“ habe, „die eine politische Zukunft Südtirols ohne Italien anstreben“.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen