© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/12 05. Oktober 2012

Ein fast vergessenes Sammelbecken
CDU: Nach dem Fehlstart des Berliner Kreises bringt sich die Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung als Hort der Konservativen in Erinnerung
Patrick Peters

Am Berliner Kreis sollte die CDU genesen: Der Zusammenschluß von manchmal mehr, manchmal weniger prominenten Parteivertretern, unter ihnen der hessische Fraktionschef Christean Wagner und die Abgeordneten Wolfgang Bosbach und Erika Steinbach, hatte sich zum Ziel gesetzt, das konservative Profil der CDU zu schärfen und die Partei damit wieder zu ihren konservativen Wurzeln zurückzuführen. Das ambitionierte Projekt ist nach der Posse um die abgesagte Vorstellung eines Grundsatzpapiers gescheitert – vorerst zumindest.

Hat es sich damit bis auf weiteres erledigt mit einer Wiedergeburt des Konservatismus in der Christlich-Demokratischen Union? Zumindest eine Vereinigung, die durchaus noch Einfluß besitzt, stemmt sich dagegen: die Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung (OMV). Die parteiinterne Vereinigung ist 1969 aus dem Zusammenschluß des Sonder-Landesverbandes „Gebiete jenseits von Oder und Neiße“, dem CDU-Flüchtlingsausschuß und der Exil-CDU für DDR-Flüchtlinge, die „Union der Vertriebenen und Flüchtlinge“, hervorgegangen und trägt ihren Namen seit 1981. Sie versteht sich als Sprachrohr aller Deutschen aus den ehemaligen Ostgebieten, den Streusiedlungen in Osteuropa und aus der früheren DDR sowie aller, die sich als „Gesamtdeutsche“ sehen. Seit der Wiedervereinigung steht insbesondere im Fokus, das Unrecht, das Vertriebenen, Flüchtlingen und Bewohnern von DDR und Ostgebieten widerfahren ist, im kollektiven Bewußtsein zu verankern und die Kultur und Tradition der Vertreibungsgebiete als Teil des deutschen Kulturerbes der Nachwelt zu erhalten. Dafür setzt sich die OMV unter ihrem Bundesvorsitzenden Helmut Sauer unter anderem in der Kultur- und Bildungspolitik ein. Die OMV hat rund 15.000 Mitglieder.

„Die Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung steht für das Bewahren von Bewahrenswertem. Insofern kann man sie als wertkonservativ ansehen. Das ist sicherlich nicht immer dem Zeitgeist entsprechend“, sagt Arno Barth. Der 30 Jahre alte Historiker ist Geschäftsführer des einflußreichen nordrhein-westfälischen Landesverbandes. Das konservative Grundverständnis bedinge aber keine feindliche Haltung gegenüber dem Liberalismus, führt Barth aus. Die OMV habe sich immer für die Freiheit eingesetzt, prangere Rechtsverstöße an und begrüße die Freizügigkeit in der erweiterten EU. „Deshalb haben wir durchaus auch einen liberalen Ansatz, so daß wir ein insgesamt liberal-konservatives Profil pflegen.“ Insofern verschließt sich die OMV nicht der Zukunft, wie manche Kritiker ihr vorwerfen; ebenso stellt sie nicht, ein anderes beliebtes Vorurteil, die Oder-Neiße-Linie als Grenze zwischen Polen und Deutschland in frage. Aber sie trägt, aufgrund ihrer Herkunft und historischen und kulturellen Traditionen, beispielsweise nicht alle Entscheidungen ihrer Partei in Sachen Europapolitik mit: „Wir sehen die Euro-Rettungspolitik kritisch. Immerhin gehört ein Großteil Mittel- und Osteuropas nicht zur Währungsunion, zweifellos aber der Europäischen Wertegemeinschaft und dem Europäischen Kulturerbe an. Die Gleichsetzung von Europa und Euro stört uns daher etwas. Zudem sehen wir in manchen der Rettungsgesetze die Tendenz zur Entdemokratisierung und glauben, daß sie dem Zusammenwachsen in Europa eher schaden als nützen“, sagt Barth.

Trotz der historischen Wurzeln der OMV sind viele Mitglieder zwischen 30 und 40 Jahre alt, die immer häufiger auch Führungspositionen besetzen. Für Arno Barth ist das nur konsequent: „Ich denke, die Perspektive, aus einem historischen Profil die Zukunft zu gestalten, also den vielzitierten Kompaß zu haben, ist gerade für junge Menschen attraktiv.“

Einflußmöglichkeiten hat die Vereinigung durchaus. Ihr Vorsitzender gehört dem Bundesparteivorstand an, ihr stehen Delegierte und das Antragsrecht bei Parteitagen zu. „Es ist an uns, diese Möglichkeiten zu nutzen und unsere Anliegen durchzusetzen. Wenn uns das CDU-Profil verbesserungswürdig erscheint, sollten wir nicht jammern, sondern daran arbeiten. Selbst wenn wir personell und finanziell nicht überall auf Rosen gebettet sind“, sagt Barth.

www.omv.cdu.de

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