© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/12 28. September 2012

Meldungen

E. M. Ciorans Abkehr von Nietzsche und Hitler

WIEN. Der Ruhm des aus Rumänien stammenden, nach Frankreich und in die französische Sprache emigrierten Dichterdenkers E. M. Cioran (1911–1995; JF 29/12) scheint seit seinem Tod mit unheimlicher Stetigkeit zu wachsen. Daran ändern auch rituelle Hinweise auf seine „antisemitische und faschistische“ Produktion während der 1930er nichts, als er publizistisch für die „Eiserne Garde“ eintrat und während seiner Stipendiatenzeit in Deutschland dem Nationalsozialismus zujubelte. Der junge Rumäne, so repetiert der Berliner Privatdozent Jürgen Große in einem konfusen Essay über „Cioran, Nietzsche und den Nietzscheanismus“ (Weimarer Beiträge, 2/2012) die Biographie des Autors, stand in dieser Zeit ganz unter dem Einfluß des von Martin Heidegger ebenso wie von Alfred Rosenberg und Alfred Baeum­ler vereinnahmten Philosophen des „Willens zur Macht“. Erst die Übersiedlung nach Paris und die Bekanntschaft mit den französischen Moralisten und deren die „Wesensvagheit“ der menschlichen Natur betonenden pessimistischen Anthropologie habe ihn gelehrt, Nietzsches „Machtwillenslehre als Lebensverfälschung“ zurückzuweisen. Was einherging mit der Distanzierung von den spezifisch deutschen didaktischen Projekten der Welt- und Menschheitsverbesserung. Der „Moralistik-Bewunderer“ Cioran habe von den Franzosen gelernt, daß der von Gott schlecht geschaffene Mensch alles andere als „der Herr seiner selbst und seiner Möglichkeiten“ sei und konnte daher von Nietzsche dort abweichen, wo sich „dessen Denken zum Faschismus hin öffnete“. (rf)

www.goethe.de

 

Fanny Lewald: Schreiben als rationale Tätigkeit

BERN. Unvermutet hat ihr 200. Geburtstag der 1811 in Königsberg geborenen, weitgehend vergessenen Schriftstellerin Fanny Lewald (JF 13/11) neue Aufmerksamkeit beschert. Nachdem im Jubiläumsjahr Christina Ujma einen Sammelband mit Aufsätzen zu „Leben, Werk und Forschung“ füllte, die sich mit der Verfasserin von 24 Romanen und 27 Erzählbänden beschäftigen, fühlte sich die Germanistin Ulrike Stamm (HU Berlin) nun ermutigt, erneut für eine Frau zu werben, deren Autorschaft sie „im Zeichen der Vernunft“ sieht. Mit dem Verständnis von „Schreiben als weitgehend rationale Tätigkeit“, in Abkehr von der im 19. Jahrhundert üblichen Eingrenzung auf spezifisch „gefühlsbetonte“, dem „verbürgerten Weiblichkeitsmuster“ entsprechende Poesie, empfehle sich Lewald für eine Wiederentdeckung. Das gelte besonders, wo ihre Texte in der Parteinahme für die „weibliche und jüdische Emanzipation“ aufklärerische Positionen verfechten und für „Selbstbestimmung“ eintreten. Eine darauf gestützte Bemühung um die Aktualisierung Lewalds, die weiterhin in neueren Gesamtdarstellungen zur Literatur des bürgerlichen Realismus unerwähnt bleibt, verkennt jedoch, daß die von Stamm behauptete „Qualität vieler ihrer literarischen Texte“ das sperrigste Rezeptionshindernis darstellt, da es sich im krassen Gegensatz zu diesem Werturteil tatsächlich überwiegend um zeitgebundene, ästhetisch anspruchslose „Tendenzdichtung“ im Geist einer linkshegelianischen, politisch in den Marxismus transformierten „Fortschritts“-Philosophie handelt (Zeitschrift für Germanistik, 1/2012). (gk)

www.2.hu-berlin.de

 

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Aus einem Reklamevideo der Bundeswehr auf der Internetseite des Jugendmagazins „Bravo“, mit dem für kostenlose Abenteuerlager geworben wird.

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