© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/12 21. September 2012

Das negative Erleben der eigenen Nation
Der Entwicklungspsychologe Ulrich Schmidt-Denter zum Identitätsknick in Klasse 9: Der Holocaust-Unterricht als schärfste Waffe antideutscher Pädagogik
Oliver Busch

Im Zeitalter der Nationalstaaten vermittelte vornehmlich der Geschichtsunterricht das Gefühl wie das Bewußtsein der Zugehörigkeit zu einer über Familie und Nachbarschaft weit hinausreichenden Gemeinschaft. Im Medium von Geschichte und Geschichten bildet sich die Wir-Identität als ein Teil individueller Identität aus, wird, darauf zielte zumindest lange Zeit der Ehrgeiz der Pädagogik nicht nur in Deutschland, zur zweiten Natur des Heranwachsenden. Da der Mensch ein soziales Wesen ist, erschließt diese Einübung in das kollektiv Eigene seine Anlagen zu „gelingendem Leben“ in Gemeinschaft mit anderen.

Diese humane Dimension ist dem bundesdeutschen Geschichtsunterricht seit den 1970er Jahren abhanden gekommen. Obwohl auf diesem Kampfplatz der „68er-Pädagogik“ noch viel ideologiekritische Aufklärung zu leisten ist, steht wohl fest, daß Geschichte seither zur schärfsten Waffe einer historisch singulären anti-deutschen Indoktrination geworden ist. Die empirisch bislang am besten abgestützte Bestätigung dieses bestürzenden Befundes lieferte im letzten Herbst eine europäische Vergleichsstudie zur nationalen Identität, die der 2011 emeritierte Kölner Entwicklungspsychologe Ulrich Schmidt-Denter vorgelegt hat („Die Deutschen und ihre Migranten“, JF 12/12). In kompakter und prononcierter Fassung versucht Schmidt-Denter, dessen Buch erwartungsgemäß in der Schweigespirale verschwand, mit der Leserschaft von Psychologie heute (Heft 9/2012) ein größeres Publikum für seine alarmierenden Untersuchungen zu erreichen.

Deutsche Jugendliche, so lautet das wichtigste Resultat seiner Vergleichsstudie, heben sich von ihren europäischen Altersgenossen durch ein „sehr negatives Erleben der eigenen Nation“ ab, durch einen „sehr niedrigen Nationalstolz“, emotionaler Distanzierung von Nation und eigenem Bundesland, sogar von Region und Gemeinde. In dem Maß wie das Zugehörigkeitsgefühl zur Eigengruppe geschwunden ist, prägte sich kompensatorisch die „Fremdenliebe“ aus, zeigen sich Phänomene von Identitätsflucht wie Auswanderungssehnsüchte oder der Wunsch, bei einer hypothetischen Wiedergeburt eine andere Nationalität zu erhalten.

Über die Ursachen dieser Destabilisierung pubertärer Identität sind nach Schmidt-Denters Erhebungen ebenfalls keine Zweifel möglich. Findet der entscheidende „Identitätsknick“ doch „ab Klasse 9“ statt, wenn „der Holocaust Unterrichtsthema wird“. Obwohl die „besonderen Probleme“ der „Holocaust Education“ und ihres impliziten seelischen Verheerungspotentials „insgesamt noch unzureichend erforscht“ seien, werde sie an deutschen Schulen mit manischem Eifer und einer Perfektion „durchgeführt“, die die Bewußtseinsformung in totalitären Regimen offenbar in den Schatten stellt. Nicht kognitive Lernziele, die das historische Geschehen der Massentötung von Juden in Europa im Kontext der Geschichte des „Zeitalters der Extreme“ verorten, würden in der Sekundarstufe II verfolgt, sondern es solle „starke Betroffenheit“ und „hohe Meinungskonformität“ erzeugt werden, die kritisches Denken ausschaltet. Nicht „Aufklärung über eine historische Epoche“, sondern negative Identitätsbildung sei beabsichtigt, die zugleich auf eine verzerrte „Gegenwartsbeschreibung von Deutschland“ als konstantes „Nazi-Reich“ hinauslaufe, zu dem Heranwachsende nur in „zwanghafte innere Opposition“ treten könnten.

Daß dieses von antinationalen Haßpredigern deformierte Deutschland, wie Schmidt-Denters Befragungen ebenso deutlich zeigen, Migranten keine Identitätsoption bietet, mithin ein ultrateures Integrationshindernis darstellt, wird von den politisch Verantwortlichen und ihren zahllosen willigen Vollstreckern in den Klassenzimmern der Republik offenbar als Kollateralschaden der Selbstabschaffung verbucht.

www.psychologie-heute.de

Ulrich Schmidt-Denter: Die Deutschen und ihre Migranten. Ergebnisse der europäischen Identitätsstudie. Juventa Verlag, Weinheim 2012, broschiert, 390 Seiten, 34,95 Euro

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