© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/12 14. September 2012

Jagdszenen in Mannheim
Baden-Württemberg: Bei gewalttätigen Ausschreitungen während eines kurdischen Kulturfestivals werden 80 Polizisten verletzt
Henning Hoffgaard

Die Meldung der Mannheimer Polizei klingt wie eine Kapitulationserklärung: „Aufgrund des von seiten der Kurden ausgehenden explosiven Gewaltpotentials und der circa 2.500 gewalttätigen oder gewaltbereiten Personen, die zudem von vielen tausend weiteren Veranstaltungsbesuchern lautstark unterstützt wurden, zog der Einsatzleiter alle Kräfte zurück.“ Hinter dem sperrigen Satz verstecken sich die schwersten Ausschreitungen in Baden-Württemberg seit Jahren. Mehrere hundert gewaltbereite Teilnehmer eines „kurdischen Kulturfestivals“ hatten sich am Sonnabend heftige Straßenschlachten mit der Polizei geliefert, nachdem einem Besucher mit einer verbotenen PKK-Flagge der Einlaß verwehrt worden war.

Selbst erfahrene Beamte zeigten sich über das Ausmaß der Gewalt erschüttert. Während Polizeisprecher Martin Boll am Sonnabend gegenüber der JUNGEN FREIHEIT zunächst noch von 40 verletzten Polizisten spricht, steht wenige Stunden später fest: Mehr als 80 Beamte wurden durch die kurdischen Gewalttäter verletzt. Einem von ihnen wurden trotz Schutzkleidung mit einer Eisenstange mehrere Rippen gebrochen. „Man hat auf uns alles geworfen, was nicht niet- und nagelfest war“, schildert der Mannheimer Chef der Gewerkschaft der Polizei, Thomas Mohr, die Unruhen. Er war nach eigenen Angaben selbst vor Ort und wurde prompt durch einen Steinwurf am Knie getroffen. Selbst Kinderwagen und Verkehrsschilder seien den Beamten entgegengeschleudert worden. Wie viele Kurden an dem Festival teilnahmen, ist unklar. Etwa 40.000 sollen es gewesen sein. Da die Polizei sich nicht auf das Festivalgelände wagte, konnten keine genauen Zahlen ermittelt werden.

Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) reagierte überrascht auf den Gewaltausbruch. „Mit den Krawallen haben wir nicht gerechnet.“

Allerdings hatten die Tage zuvor bereits deutlich gezeigt, welches Gewaltpotential sich aus ganz Europa auf den Weg nach Mannheim gemacht hatte. Ein „kurdischer Jugendmarsch“ aus Straßburg mußte von einem Großaufgebot der Polizei begleitet werden. Trotzdem kam es immer wieder zu Körperverletzungen und Beleidigungen. Die Beamten mußten sich immer wieder als „Faschisten“ bezeichnen lassen. Als in einem Begleitfahrzeug der Demonstration schließlich zahlreiche Steine und eine Machete gefunden werden, bricht die Polizei den Marsch ab. Drei Polizisten werden dabei verletzt, nachdem die Kurden versucht hatten, mehrere Türken am Straßenrand anzugreifen.

Für die Deutsche Polizeigewerkschaft in Mannheim ist das Maß jetzt voll. Der Kreisvorsitzende Walter Krech forderte gegenüber der JF die Ausrüstung der Beamten mit „geeigneten Distanzwaffen“ wie etwa Gummigeschossen oder sogenannten „Taser-Waffen“. Bereits bei der Anreise der Teilnehmer sei deutlich geworden, daß die Veranstaltung mit gefährlichen PKK-Anhängern durchsetzt war, sagte Krech der JF. Ähnlich äußerte sich auch die konkurrierende Gewerkschaft der Polizei, die sich für ein Verbot derartiger Veranstaltungen aussprach.

Eine ganz eigene Deutung der Vorkommnisse verbreitete die Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland, die das Fest organisiert hatte: „Die Verantwortung für den Ausbruch der Gewalt trägt in erster Linie die Polizei, die in den vergangenen Tagen vor allem kurdische Jugendliche drangsalierte und zu provozieren versuchte.“ Zudem streute der Verband Gerüchte, wonach die Polizei zwei jugendliche Kurden „brutal mißhandelt hätte“. Die Geschichte entpuppt sich als glatte Lüge. Einen leicht „geschwollenen“ Fuß diagnostizierten die Ärzte bei einem der angeblichen Opfer von Polizeigewalt. Eine stationäre Behandlung war nicht nötig. Als Konsequenz der Krawalle müsse nun die kurdische Terrororganisation PKK in Deutschland endlich wieder erlaubt werden. Weitere Nachfragen zu den Ereignissen läßt die Kurden-Föderation dabei lieber unbeantwortet.

Zumindest die Stadt Mannheim hält nichts von ernsthaften Konsequenzen. „Wir verstehen uns in Mannheim als tolerante Stadt“, läßt Bürgermeister Peter Kurz (SPD) mitteilen. Diesen friedlichen Dialog wolle er sich durch „solche Geschehnisse nicht kaputtmachen lassen“. Zu den verletzten Polizisten verliert Kurz in der Mitteilung kein Wort, verweist stattdessen auf den friedfertigen Charakter ähnlicher Kurdenveranstaltungen in Gelsenkirchen und Köln. Ein schwacher Trost für die Beamten.

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