© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/12 31. August 2012

Temporärer Überschuß in den öffentlichen Kassen
Verprassen verboten
Klaus Peter Krause

Der deutsche Staat hat doch tatsächlich einen Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben erzielt – erstmals wieder seit langem. Das ist wirklich gewöhnungsbedürftig, denn einen Haushaltsüberschuß haben wir seit 1960 nur fünfmal erlebt. Mithin hat Deutschland 47 Jahre lang über seine Verhältnisse gelebt und die 47 Haushaltslücken mit Schulden über Schulden gefüllt. Schon also möchte man goldene Zeiten anbrechen sehen.

Aber ach, der Überschuß bezieht sich nur auf die erste Jahreshälfte. Was also die zweite Hälfte und damit das Gesamtjahr 2012 bringt, steht noch aus. Doch zeichnet sich ab, daß dieses zweite Halbjahr den Überschuß des ersten wieder zum Verschwinden bringen wird, denn das Konjunkturbarometer beginnt nun auch für das aufschwungverwöhnte Deutschland zu fallen. Und nochmals ach: Der Überschuß ist kein Verdienst der Politiker, sondern eine Folge gestiegener Staatseinnahmen (Steuern und Sozialabgaben) – allein wegen der erstaunlich guten Wirtschaftskonjunktur, angefeuert auch durch die folgenschwere Niedrigzinspolitik von amerikanischer (Fed) und europäischer (EZB) Notenbank zugunsten ihrer hochverschuldeten Staaten. Und ein drittes Mal ach: Bund und Länder stecken mit ihren Etats weiter im Defizit, der gesamtstaatliche Halbjahresüberschuß resultiert überwiegend aus den Sozialabgaben und zusätzlich aus einem Gesamtüberschuß der Gemeinden.

Verprassen, also Begehrlichkeiten nachzugeben und schon jetzt Wahlgeschenke vorzubereiten (wie Praxisgebühr abschaffen, Rentenbeitrag senken oder neue Staatsausgaben vorsehen), verbietet sich daher von selbst. Höhere Steuern oder neue Abgaben sind erst recht fehl am Platz; der deutsche Staat leidet nicht an Geldmangel, sondern an Ausgaben­exzessen seiner Politiker sämtlicher Couleur. Dazu gehören in der Überschuldungs- und Euro-Krise auch die verantwortungslosen Zahlungen für die sogenannten Euro-Rettungsschirme EFSF und ESM.

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