© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/12 31. August 2012

Stromkunden sollen für das Risiko der Windkraftinvestoren zahlen
Bayerische Wadlbeißer
Markus Brandstetter

Die Energiewende ist dreigeteilt. Sie zerfällt in einen unsicheren und einen sicheren sowie einen unfairen Teil. Unsicher ist, ob Haushalte und Industrie in zehn Jahren noch durchgehend mit Strom versorgt werden, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Genauso fraglich ist, ob es uns dann noch so gut geht wie heute, denn unser Wohlstand basiert auf bezahlbarer Energie, und davon wird es künftig weniger geben. Den Machern der Energiewende ist offenbar nicht bewußt, daß Deutschland ein Industrieland ist. Sie glauben wohl, Deutschland sei wie Griechenland: ein gescheiterter Staat mit der Industrieproduktion von Simbabwe und einem Bruttosozialprodukt, das je zur einen Hälfte aus Beamtenpensionen und EU-Almosen besteht.

Sicher ist, daß nach der Energiewende alles teurer wird. Es wird zwar noch Strom aus der Steckdose kommen, aber die Preise dafür werden explodieren. 2011 wurden wegen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 16,4 Milliarden Euro an die Produzenten von Ökoenergie gezahlt, 2020 werden es 40 bis 50 Milliarden sein. Ebenfalls sicher ist, daß es auch zukünftig ohne Erdgas und Kohle nicht gehen wird.

Fest steht: Die Stromversorgung wird künftig unsicherer, dafür aber wesentlich teurer sein. Und wer bezahlt das Ganze? Eines ist klar: weder die Großindustrie noch die Betreiber von Solar- oder Windparks. Die sehen sich nämlich als Kassierer. Wer bleibt dann noch? Richtig: Otto Normalbürger und der Mittelstand. Die bezahlen am Ende alles. Und warum die Kleinen? Genau: weil sie sich nicht dagegen wehren können. Hier wären wir nun beim unfairen Teil der Energiewende.

Aber es gibt doch ein Ministerium, dessen Chefin tagtäglich für die Verbraucher kämpft? Ja, die heißt Ilse Aigner und kommt aus Oberbayern. Zum Beispiel vorige Woche, da hat sie ihr Veto eingelegt, als Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) die drohenden Schadenersatzzahlungen für fehlende Anschlüsse bei Offshore-Windparks auf die Verbraucher abwälzen wollten. Die Empörung war sofort riesengroß: Was erlaubt die CSU-Bezirksvorsitzende sich? Sie torpediert die Energiewende, unerhört! Es hat genau drei Tage gedauert, bis die Ministerin eingeknickt ist. Aber in dieser Zeit hat sie einen kleinen Kompromiß zugunsten des Verbrauchers ausgehandelt. Immerhin!

Ihr Parteifreund, CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sieht Griechenland 2013 außerhalb der Euro-Zone – ein vorstellbares Szenario. Doch sogar aus den eigenen Reihen wird das als „provinzielles Gemeckere“ abqualifiziert.

Die CSU war einmal die große bayerische Volkspartei, die der CDU die Leviten gelesen und ernsthaft drohen konnte, bundesweit eine vierte Partei zu bilden. Davon ist kaum etwas übrig. Meist reicht es bei der CSU nur noch zum „Wadlbeißen“. Mal sehen, wie lange Dobrindt durchhält.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen