© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/12 31. August 2012

Schwierige Suche nach der Transparenz
Südtirol: Die Piratenpartei macht sich auf, das Land an der Etsch zu kapern / Etablierte Parteien sehen wenig Gefahr
Lukas Steinwandter

Alle dürfen mitmachen!“ Mit dieser Losung, die sie von den traditionellen Parteien unterscheiden soll, versuchen Südtirols Piraten junge Mitglieder anzuheuern. In Südtirol formierten sich die Piraten vor nicht einmal einem Jahr via Facebook im Internet. Nun folgt der nächste Schritt: die Parteigründung in Bozen.

Doch nach dem fulminanten Start im vergangenen Jahr wurde es eher ruhig um die Piraten. Seither ringen die Südtiroler Aktivisten um strukturelle und organisatorische Probleme. Satzungsfragen, politische Inhalte, mögliche Abgrenzungsbeschlüsse, Probleme der interaktiven und innovativen parteiinternen Demokratie (Liquid Feedback) prägen das Bild. Gebannt wird auf die Probleme der Vorbilder in Deutschland geschaut.

Entgegen ihrem Grundsatz „für offene Kommunikation und Transparenz“ zu stehen, halten sich Südtirols Piraten vor allem gegenüber den Medien zurück. Erst einen Tag nach der Parteigründung wollen sie sich den Fragen der Presse stellen und weitere Bekanntgaben machen.

„Als Außenstehender hat man den Eindruck, daß die Piraten vorerst mit sich selbst beschäftigt sind“, schreibt dann auch ein entspannter Dieter Steger, Vorsitzender der Südtiroler Volkspartei (SVP) in Bozen auf seiner Netzseite. Ähnlich gelassen sehen es die Freiheitlichen. Südtirols Parteienspektrum sei überschaubar und spiele sich nicht in den Weiten des Internets ab. Hinzu komme, daß es in der nördlichsten Provinz Italiens „im Gegensatz zu Deutschland echte, wählbare Alternativen“ gebe, so der Landessprecher der Freiheitlichen Jugend, Michael Demanega gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Ihm zufolge bewegen sich die Piraten in einem abstrakten Raum zwischen Tageslaune und politischer Mode. „Alles wird verhandelbar und hängt von der jeweiligen Tageslaune ab, es gibt keine Struktur und keine Linie, die Zustände sind – wie sich in Deutschland zeigt – gelinde gesagt chaotisch“, so Demanega weiter.

Doch wie halten es die internetaffinen Piraten mit der Selbstbestimmung, Loslösung oder Vollautonomie Südtirols angesichts der Krise in Italien?

Noch aber werben sie mit den Erfahrungen aus Deutschland. Parallel dazu zeigen sie sich stolz, neben IT-Experten, denen es vor allem um die Freiheit im Internet geht, auch Protestwähler und wahlmüde junge Menschen um sich versammelt zu haben.

Viel Zeit zur Selbstfindung haben die Piraten, die vor allem mit „eigenen Südtiroler Themen in See stechen“ wollen nicht. Die nächsten Landtagswahlen stehen schon im kommenden Jahr an. Allein auf die Wahlmüdigkeit der Südtiroler können sich die Piraten dann nicht verlassen – bei 82,4 Prozent Wahlbeteiligung bei den letzten Wahlen scheint zumindest der Unmut ziemlich gering.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen