© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/12 24. August 2012

Flanderns Gold
In der Trappisten-Abtei Sankt-Sixtus von Westvleteren wird das beste Bier der Welt gebraut
Gertrud Bossdorf

Irgendwo in den Weiten Flanderns zwischen Kühen, Hühnern und Traktoren soll es sein. Hier soll es das beste Bier der Welt zu trinken geben. Etwa zehn Kilometer entfernt von Ypern liegt die Abtei der Trappisten-Mönche von Westvleteren. Den Weg dorthin weisen halb verwitterte Schilder, kaum noch zu entziffern, vorbei an bewohnten sowie verlassenen Backsteinhöfen, die für diese Gegend typisch sind. Kaum zweifelt man nach der x-ten Weggabelung an der Existenz des Klosters, schon wird man neben einer riesig hohen Mauer auf den Besucherparkplatz aufmerksam gemacht.

Mitten im Nirgendwo steht das Gasthaus „In de Vrede“ – „Im Frieden“. Nur hier schenken sie das weltberühmte Westvleteren 12 aus. Insgesamt brauen die Trappisten der Abtei Sankt Sixtus drei verschiedene Biere. Das helle Westvleteren 6 kommt auf 5,8 Volumenprozent Alkohol, die Dunkelbiere sind stärker: Westvleteren 8 erreicht acht Volumenprozent und Westvleteren 12 sogar 10,2.

Wer Glück hat, ergattert im hektischen Gewirr schnatternder Gäste, besetzter Tische und umhereilender Kellnern einen Sonnenplatz auf der Terrasse. Die Brauerei von Sankt Sixtus ist eine von weltweit acht Trappisten-Brauereien, denn nur Bier, das von oder unter Aufsicht der Trappisten-Mönche in deren Kloster gebraut wird, darf sich so bezeichnen. In Flandern gibt es neben Westvleteren noch zwei weitere Trappisten-Biere: Achel und Westmalle. Drei kommen aus Wallonien – Chimay, Orval und Rochefort – und je eines aus Österreich und den Niederlanden.

Was das Trappisten-Bier aber zu einer echten Besonderheit macht: daß es in keinem Laden zu kaufen ist und nirgendwo anders als in der klostereigenen Gaststätte ausgeschenkt wird. Möchte man nach dessen Genuß auch ein paar Flaschen mit nach Hause nehmen, kann man aufgrund der besonders starken Nachfrage nur mit Glück einen Sechserpack im kleinen Souvenirladen erwerben.

Die Prozedur zum Erwerb eines Kastens (30 bis 39 Euro) ist komplizierter: Das „Biertelefon“ ist nur zu bestimmten Zeiten zu erreichen. Wer die Nummer wählt braucht Geduld. Die Anrufer sind so zahlreich, daß ein Durchkommen dauern kann. Schließlich macht man einen Termin zur Bierabholung aus, wobei man das Nummernschild seines Autos als Identifikation angeben muß. In großen Lettern wird auf der Seite vermerkt, daß es nur alle 60 Tage möglich ist, dort mit derselben Nummer anzurufen und mit dem gleichen Nummernschild vorzufahren, um Bier abzutransportieren.

Was knapp ist, ist begehrt: Viele Bierliebhaber versuchen es mehrfach pro Woche, an die flüssige Köstlichkeit zu kommen – und halten am Ende nur die Gläser mit der Aufschrift „Trappist Westvleteren“ in der Hand. Ihnen bleibt nur, das Traumbier „In de Vrede“ zu genießen – und die Gaumenfreude mit einem frischgebackenen Croque Monsieur oder dem im Kloster hergestellten Trappistenkäse abzurunden.

Der Geschmack des Trappistenbieres ist übrigens unübertroffen. Die „Bier-Rating-Agentur“ Rate Beer (www.ratebeer.com) listete das Klosterbier wiederholt auf Platz eins. Diese wohl größte Internetplattform von Bierverkostern kürte das Westvleteren aus über 110.000 Bieren zum besten Bier der Welt. Da ist der komplizierte Kauf des Biers jede Minute wert.

www.sintsixtus.be

Foto: Eines der seltenen Westvleteren-Trappistenbiere: „Ad aedificandam abbatiam adiuvi“ – Ohne Umschweife beweist der Bierliebhaber, daß er mit dem Kauf des Bieres den Bau einer Abtei unterstützen will

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