© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/12 24. August 2012

Umwelt
Unsere Politclowns
Michael Manns

Kalender waren wegen der Aussaat für die entstehenden Agrargesellschaften lebensnotwendig. Diese Kulturleistung wurde immer mehr verbessert. Jetzt hat Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel eine neue Kalenderreform herbeigezaubert: den ersten April mitten im August! Der Fallschirmjäger-Reservehauptmann fordert: Die Autofahrer sollen kein E10 mehr tanken! Denn für den grünen Treibstoff braucht man „Energiepflanzen“. Die verdrängen Weizen oder Kartoffeln für die Ernährung von den Feldern – mit Folgen für den Hunger in der Welt. „Das ist ein Konflikt zwischen Tank und Teller, und gerade bei steigenden Lebensmittelpreisen kann Biosprit zu stärkerem Hunger in der Welt beitragen“, beklagt der frühere FDP-General. Hallo? Geht’s noch? Das Superbenzin mit zehnprozentigem Äthanolanteil gibt es seit 2011 in Deutschland, es war von Union und FDP selbst auf den Weg gebracht worden – trotz Bedenken von Fachleuten.

Was wurde dagegen Sturm gelaufen! Proteste der Autofahrer, selbst Umweltverbände übten Kritik. Die Medien schrieben sich die Finger wund – vergeblich. Stur führten unsere Zwangsmissionare die Öko-Plörre ein. Inszenierten ein PR-Remmidemmi, um die Menschen zum Umdenken zu zwingen. Am liebsten hätten sie wohl flächendeckend Transplantationschirurgen losgeschickt, um uns ein E10-kompatibles Bewußtsein zu verpassen. In Wahrheit war alles, bedenkt man jetzt Niebels Appell, eine Ökoscharlatanerie, inszeniert von Politdilettanten. Und jetzt also sollen wir Umgedachten erneut zum Umdenken gezwungen werden. Das ist dann die ganz hohe Ökodialektik. Davon hatte noch nicht einmal der wirkmächtige Hegel die leiseste Ahnung. Von Platon, dem großen Philosophen der Antike, stammt die Definition, der Mensch sei ein zweibeiniges Lebewesen ohne Federn. Platon aktuell lautet: Politclowns dieser Couleur sind zweibeinige Lebewesen, die gefedert gehören.

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