© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/12 24. August 2012

Wenn Rachedurst die Feder führt
Sommerloch: Thomas Steinfeld, Feuilletonchef der „Süddeutschen“, mordet literarisch seinen FAZ-Kollegen Schirrmacher
Andreas Wild

Ist da irgendwas? Zickenkrieg? Gar Rufmordversuch? Oder doch nur Sommerloch? Thomas Steinfeld (58), Feuilletonchef der Süddeutschen Zeitung, hat unter Pseudonym einen Schweden-Krimi à la Wallander geschrieben, in dem ein Mordopfer vorgeführt wird, das horrende Ähnlichkeit mit Frank Schirrmacher (52), dem Feuilletonchef und Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, hat. Eine dritte überregionale Zeitung, die Welt in Berlin, hat den Fall bekannt gemacht, noch bevor das Buch erschienen war. Der Reklameeffekt ist gewaltig.

Ansonsten scheint der Fall kaum der Aufregung wert. Autoren schreiben gern übereinander, auch höhnisch-hämisch und unter Pseudonym und indem sie ihre Mitteilungen als bloße Fiktion ausgeben. Bei einigen Schreibern ist die Fiktion derart durchsichtig und „authentisch“, daß die Opfer sich darin wiedererkennen, die Nerven verlieren und wegen verletzter Ehre oder Intimsphäre vor den Kadi ziehen.

Im Fall Steinfeld/Schirrmacher scheint nichts dergleichen zu passieren. Schirrmacher hat die Nerven behalten und kühl verlauten lassen, er lese keine schwedischen Kriminalromane. Blamiert steht bisher einzig Thomas Steinfeld da. Die Art, wie er sein „fiktives“ Mordopfer und dessen (schrecklich gemeine) Eigenarten schildert, läßt auf tiefen Haß, auch auf Neid und Rachedurst schließen. Immerhin war er als Literaturredakteur einst bis 2001 Schirrmachers Kollege bei der FAZ, von der er dann im Unfrieden gegangen ist. Steinfeld liefert also ungewollt ein ziemlich tristes Psychogramm seiner selbst.

Wirklich deprimierend an der ganzen Affäre ist allerdings die Rolle, die der türkische Literaturnobelpreisträgder Orhan Pamuk darin spielt. Von ihm gibt es auf der Rückseite des Steinfeld-Romans ein überschwengliches, geradezu rasendes Lob des Buches. Literaturfreunde fragen sich nun, ob Pamuk überhaupt Deutsch versteht. Steinfeld soll aber mit ihm gut befreundet sein.

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