© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/12 17. August 2012

Aufgeschnappt
Wo die Lehmanns wohnen
Matthias Bäkermann

Uwe Doering von der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hat die Strategen der GSW Immobilien AG durchschaut: Ausländische Mieter seien „bei Neuvermietungen unerwünscht“, spekulierte der Politiker vergangene Woche im Lokalteil der Berliner Zeitung. Grund sei die zu beobachtende Praxis, daß in vielen GSW-Mietobjekten vermeintlich deutsche Mieter den hohen Ausländeranteil zu senken scheinen, obwohl es sie gar nicht gibt. Tatsächlich wohnen in den traumschönen Betonburgen im Siebziger-Jahre-Stil auffällig viele Lehmanns, Sommers, Müllers oder Schröders – glaubt man den Klingelschildern. Ansonsten zeugen die Namen an den Türen, unweit des Kottbusser Tors in Kreuzberg, hauptsächlich von türkischen Mietern. Zahlreiche Satellitenschüsseln und sogar kleine ins Fenster gestellte Türkeifahnen bestärken diesen Eindruck. Seltsamerweise sind auch nur bei den „deutschen“ Mietern die Briefkastenschlitze zugeklebt.

Nun wird gemutmaßt, daß der offensichtliche Leerstand dieser Wohnungen gewollt ist, da die Nachfrage in dem Viertel hoch ist. Die von der GSW (Werbespruch: „Wir setzen unser Branchen-Know-how zur Werterhaltung und Wertsteigerung der Immobilien ein“) angeführte Begründung, daß man dort „Wohnungen auf nachzuholende Schönheitsreparaturen untersucht“, sei daher wohl eher vorgeschoben, solange dort nur die falschen Mieter anstehen.

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