© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/12 17. August 2012

Haltungsnote
Der Mars macht mobil
Christian Schwiesselmann

Er ist rot, seine Begleiter heißen „Furcht“ und „Schrecken“. Auf den ersten Blick wirkt der Mars mit seinen zwei Monden Phobos und Deimos unwirtlich wie der Wohlfahrtsausschuß von Robespierre.

Aktuelle Bilder der Nasa-Sonde Curiosity zeigen jedoch, daß sich auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten seit der ersten geglückten Marslandung 1975 nicht viel getan hat. Immer noch dieselben rostigen Gesteinsmassen, Wüsten und tiefen Kraterlandschaften, durch die sich einst Flüsse schlängelten. Immer noch Tagestemperaturen von 20 Grad Celsius in Äquatornähe und nächtliche Kühle von bis zu -85 Grad.

Moderne Beton-Glas-Stahl-Bauten sucht man vergebens, ebensowenig Solarpanele und Nichtraucherkneipen. Nirgends gibt es eine Rollstuhlrampe für Wolfgang Schäuble oder ein Rednerpult für José Barroso. Auch Claudia Roth findet keinen Grund, sich moralisch zu entrüsten. Es mangelt schlicht an den primitivsten zivilgesellschaftlichen Strukturen. Kein Multikulti, keine Lichterketten. Ein Eldorado, vielleicht der letzte – leider exterrestrische – Sehnsuchtsort für Konservative. Schon der atmosphärische Druck ist 228 Millionen Kilometer von der deutschen Journalistenzunft entfernt wesentlich geringer: Kein Marsmännchen hat ein anderes je des „Geschichtsrevisionismus“ geziehen. Political Correctness ist ein Fremdwort, und natürlich denken die Marsmännchen „menschenverachtend“, seitdem sie ein paar entführt haben.

Frauenquote? Fehlanzeige. Weder der große Lauschangriff der irdischen Astrophysiker mit ihren riesigen Radioteleskopen noch Erich von Däniken hat überhaupt etwas von der Marsfrau gehört. Das Patriarchat auf dem martialisch klingenden Himmelskörper hat die Frauen vermutlich genauso fest im Griff wie die Vegetarier und die Kriegsdienstverweigerer.

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